Ralliart klingt nach auffälligen Deko-Streifen und martialischer Renn-Optik, doch präsentiert sich der so getaufte Mitsubishi Lancer ganz manierlich. Kein großer Heckspoiler, wenig aufklaffenden Lufteinlässe, keine üppigen Seitenschweller. Stattdessen sind beide Ralliart-Varianten, also der Sportback wie auch die eher biedere Limousine, auf den ersten Blick kaum von ihren zivilen Brüdern zu unterscheiden, und der Evo-Lufteinlass auf der Motorhaube verrät nur Kennern, dass hier mehr Power darunter steckt.
Gleicher Motor, weniger Leistung
Für Kraft sorgt im Ralliart das gleiche Zwei-Liter-Aggregat wie im Evo, allerdings mit 55 PS weniger Leistung. Der Verlust geht auf Kosten eines etwas weniger aufwendig konstruierten Turboladers und einer anderen Motorsteuerung, ansonsten sind beide Triebwerke nahezu identisch. Und schließlich bleiben immer noch 240 Pferdestärken, die für ordentlich Vortrieb sorgen. Nicht zu verschweigen die 343 Newtonmeter Drehmoment, die der Ralliart zwischen 2.500 und 4.700 Umdrehungen auf die Kurbelwelle stemmt. Ein kleines Turboloch hemmt allerdings die direkte Umsetzung des Gasbefehls in Vortrieb, so dass der Motor nicht ganz so spritzig wirkt, wie er es tatsächlich ist.
Dennoch reicht die Kraft um den 4,60 Meter langen 1,7-Tonner laut Werksangabe in 7,1 Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen. Und in der Realität? Da reicht die Power sogar für noch schnellere Sprintzeiten. Denn bei unseren Messungen zeigt das exakt arbeitende GPS-Gerät mehrmals schon nach knapp über sechs Sekunden 100 km/h an. Ob die Ingenieure nun besonders tiefstapeln wollten oder dem Turbomotor die kalten Temperaturen am Messtag besonders gefielen, ist unklar. Fakt ist: Hinter dem Evo braucht sich der Ralliart nicht zu verstecken. Nur bei der Höchstgeschwindigkeit vielleicht, denn da ist bereits bei Tempo 230 Schluss.
Serienmäßig mit Doppelkupplung
Verwaltet wird die Kraft serienmäßig von einem Sechs-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, das seine Aufgabe zwar zufriedenstellend, nicht aber bravourös erledigt und mit der Souveränität eines DSG von Volkswagen nicht mithalten kann. Im Normalmodus wechselt es unmerklich und sanft die Gänge, lässt aber mitunter etwas Geschwindigkeit vermissen. Daran ändert sich auch im Sport-Modus nicht viel, der dem System lediglich andere Drehzahl-Grenzen zum Gangwechsel vorschreibt. Was dazu führt, dass man in der Stadt zumeist im zweiten Gang unterwegs und einer unangenehmen Geräuschkulisse ausgesetzt ist.
Generell ist das Triebwerk kein Leisetreter und auch die Dämmung ist nicht so gut, dass sie den Motorenlärm wegfiltern könnte. Hinzu kommen noch die Windgeräusche, so dass es ab Tempo 140 im Innenraum laut wird. Apropos Innenraum: Das Interieur wartet ab Werk mit Ledersitzen auf und Alu-Pedale sowie silberfarbenes Dekor an den Rundinstrumenten verbreiten sportliches Ambiente im sonst eher schlichten Cockpit.
Zum selber Schalten
Doch zurück zum Getriebe: Wem also der Normalmodus zu zahm und der Sport-Betrieb zu nervig ist, der kann dank Schaltwippen am Lenkrad selbst die Gangwechsel bestimmen, ohne dabei vom System überstimmt zu werden. In der Stadt mag man darauf vielleicht verzichten, nicht aber wenn es raus geht auf kurvige Landstraßen, über die sich der Lancer Ralliart herrlich scheuchen lässt.
Dort spielt er auch seinen größten Trumpf aus, den Allradantrieb. Der nämlich garantiert beste Traktion und der Lancer bleibt in der Kurve extrem lange neutral, bis er sp4t anfängt sachte zu Untersteuern. Wie beim Evo lässt sich auch im Ralliart das Allrad-System mit elektrohydraulischer Lamellenkupplung auf den jeweiligen Untergrund einstellen, also Asphalt, Schotter und Schnee, um die jeweils optimale Kraftverteilung zu garantieren. Und Driftfans können mit dem Ralliart mindestens genauso viel Spaß haben wie mit dem Evo und ihn spielerisch leicht übersteuernd um die Ecken jagen.
Kein Langstrecken-Auto
Angenehmer als im Evo ist das Fahrwerk, das zwar immer noch straff ist, aber nicht ganz so bretthart. Auf langen Strecken wird aber auch der Ralliart unbequem, zumal auch die Sitze nicht zu den besten gehören, die es auf dem Markt gibt. Seitenhalt ist nicht ihre Stärke und auch die Sitzfläche ist etwas klein dimensioniert. Hinzu kommt das nur in der Höhe, nicht aber in der Länge verstellbare Lenkrad, was es zusätzlich schwierig macht, die optimale Sitzposition zu finden.
Auf längeren Reisen ist man es außerdem schnell leid, spätestens alle 400 Kilometer einen Tankstopp einzulegen. Nicht, dass der 55 Liter fassende Tank zu klein wäre. Doch lässt sich der Vier-Zylinder das Super Plus gut schmecken und süffelt den Tank in kurzer Zeit leer. 10,2 Liter pro 100 Kilometer sind es im europäischen Messzyklus, in der Praxis lag der von uns gemessene Wert bei rund 14 Liter. Hoher Verbrauch mag zwar für flott gefahrene Turbobenziner typisch sein, zeitgemäß ist er aber keinesfalls.
Technische Daten
Marke und Modell | Mitsubishi Lancer Ralliart | |
---|---|---|
Karosserie | Sportlimousine | |
Abmessung und Gewicht | ||
Länge/Breite/Höhe (mm) | 4.570 / 1.760 / 1.490 | |
Radstand (mm) | 2.635 | |
Wendekreis (m) | 11,5 | |
Leergewicht (kg) | 1.625 | |
Kofferraum (Liter) | 377 | |
Bereifung Testwagen | 215/45 R 18 | |
Motor | ||
Hubraum (ccm) / Bauart | 1998 / R4, vorn quer | |
Leistung (kW / PS) | 177 / 240 | |
Drehmoment (Nm) / Umdrehungen | 343 / 2.500 - 4.725 | |
Antriebsart | Allradantrieb | |
Getriebeart | 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe | |
Verbrauch | ||
Krafstoffart | Super Plus | |
Kombiniert laut Werk (l/100km) | 10 | |
CO2-Emissionen (g/km) / Abgasnorm | 238 / Euro 4 | |
AS24-Verbrauch (l/100km) | 14,6 | |
Fahrleistungen | ||
Werksangabe 0-100km/h (s) | 7,1 | |
AS24-Sprint 0-100km/h (s) | 6,2 | |
AS24-Bremstest 100-0km/h (m) | 47,2 (Winterreifen) | |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 230 | |
Preise | ||
ab (Euro) | 35.990 | |
Empfohlene Extras | Metallic-Lackierung (480 Euro) | |
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Fazit
Mit seinem Preis von fast 36.000 Euro ist der Mitsubishi Lancer Ralliart die günstigere Alternative zum Evo, mit dem er in Sachen Leistung und Fahrspaß durchaus mithalten kann. Über Ausstattungsextras braucht sich der Käufer keine Gedanken zu machen, die Aufpreisliste umfasst nur den 500 Euro teuren Metallic-Lack. 18-Zoll-Aluräder, Tempomat, Klimaautomatik, Lederausstattung, Sitzheizung, Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Kurvenlicht und ein Festplatten-Navigations- und Entertainmentsystem gehören zum Serienumfang.
Vieles davon kostet bei den Mitbewerbern Aufpreis, doch lohnt sich der Blick über den Mitsubishi-Tellerrand. Denn zum gleichen (Basis-) Preis ist zum Beispiel auch der 270 PS starke VW Golf R im Angebot: ebenfalls mit Allradantrieb, voll langstreckentauglich und sparsamer.