Der Nissan Ariya e-4orce 87 kWh auf einen Blick
- Erstes vollelektrisches SUV von Nissan
- 2x Elektromotoren mit insgesamt 225 kW/306 PS Leistung
- Bis zu 493 km Reichweite
- 0-100 km/h in 5,7 s, Vmax 200 km/h
- Startpreis (e-4orce-Variante) ab 61.990 Euro
Der Nissan Leaf als Pionier
Nissan ist auf dem Feld der Elektromobilität kein Unbekannter. Schließlich blicken die Japaner auf jahrelange Erfahrung in diesem Bereich zurück. Mit über 500.000 verkauften Leafs setzt man bereits seit 2010 in der E-Auto-Welt mehr als nur Akzente, wobei der bisherige Erfolg des Kompaktwagens wohl auch auf den Ariya abstrahlen soll (Nissan Ariya Modellreihe – Stromverbrauch kombiniert: 20,4-17,6 kWh; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km; elektrische Reichweite kombiniert: 340-533 km)². Bloß stellt sich dieser beim E-SUV bislang eher nicht ein. Kaum 400 Ariya konnte Nissan hierzulande von Januar bis Ende Juli 2023 absetzen. Allein an den vorherrschenden Produktionsschwierigkeiten durch fehlende Zulieferteile und der Umstellung auf eine hochautomatisierte Fertigung wird dies nicht liegen.
Andernorts, etwa in Norwegen, wurden im laufenden Jahr beinahe genauso viele Ariya abgesetzt, obwohl der Gesamtmarkt deutlich kleiner ist. Hier ist der Nissan Stromer bereits im Straßenbild angekommen - davon konnte sich der Autor dieser Zeilen vor kurzem selbst überzeugen. Bei uns hingegen hat er noch Seltenheitswert mit Aha-Effekt, wie so manch verwunderter Blick in der Firmentiefgarage oder im Ladepark bestätigt. Viele halten den wuchtigen 4,60 Meter langen Wagen für ein chinesisches Modell, andere wissen zwar, dass es ein Nissan ist, hätten aber nicht gedacht, dass dieser schon verkauft wird. Kein Wunder, denn Nissan hat den Ariya bereits 2020 angekündigt, aber erst 2022 mit zweijähriger Verzögerung und ohne groß Aufhebens auf den hiesigen Markt gebracht. Zudem muss angemerkt werden, dass der Crossover kaum als Schnäppchen durchgeht.
Am DC-Lader sind maximal 130 kW möglich
Ab rund 47.500 Euro startet die Basisvariante mit dem 160 kW/218 PS starken Frontmotor. Wer hingegen mehr Leistung wünscht und zusätzlich Allradantrieb, der muss für die von uns getestete e-4FORCE-Variante mit 225 kW/306 PS mindestens 62.000 Euro hinlegen. Im Online-Konfigurator wird zudem noch eine stärkere 290 kW/394 PS Variante feilgeboten, die mit 71.500 Euro allerdings schon sehr mit dem gleich teuren, aber wesentlich stärkeren Kia EV6 GT konkurriert (Stromverbrauch kombiniert: 21,9 kWh; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km; elektrische Reichweite kombiniert: 424 km)². Der Koreaner bietet zudem serienmäßig 800-Volt-Technik, der Nissan hingegen nur ein simples 400-Volt-Menü. Auch die weiteren Zutaten lassen E-Auto-Fans eher nicht in Jubelstürme ausbrechen. Zwar kann der Ariya serienmäßig dreiphasig mit bis zu 22 kW am geeigneten AC-Lader Strom beziehen, eine Ladegeschwindigkeit von 130 kW am DC-Lader ist hingegen kaum mehr ein Highlight.
Tests zeigten zudem, dass die Ladeleistung nur für einen kurzen Moment den Maximalwert erreicht, dann aber wieder stark abfällt. Von zehn auf 80 Prozent vergehen so schnell mehr als 40 Minuten. Bevor es ans eigentliche Fahrkapitel geht, haken wir in diesem Zuge noch schnell die Verbrauchsthematik ab. Je nach Fahrweise verbrauchte der allradgetriebene Nissan Ariya mit der netto 87 kWh großen Lithium-Ionen-Batterie bei unseren Fahrten zwischen 21 und 23 kWh auf 100 Kilometer. Das ergibt Autobahnreichweiten (mit Restpuffer) zwischen 340 und 380 Kilometer.
Verhaltene Kurvendynamik
Konzentrieren wir uns aber nun auf die Straße vor uns. Mit einem Gewicht von knapp über 2,2 Tonnen zählt der Nissan Ariya auf dem Papier mittlerweile zu den normalgewichtigen Elektrofahrzeugen in seiner Klasse. Nur merkt man davon beim Fahren kaum etwas. Zum einen fühlen sich die 306 PS und 600 Nm Drehmoment der beiden im System agierenden E-Motoren nicht in diesem Maße kraftvoll an. Zum anderen sorgt die synthetische, beinahe diffus agierende Lenkung kaum für Freudenmomente, wenn die Gerade mal einen Schlenker macht. Außerdem sind die herumgeschleppten Pfunde in Biegungen dann doch spürbarer und präsenter als bei vielen Mitbewerberprodukten. Das holprige Fahrwerk tut sein Übriges, damit wir dem Nissan Ariya im Fahrkapitel eine gewisse Ungeschliffenheit attestieren.
Gute Platzverhältnisse, wenn man nicht zu groß ist
Diese betrifft auch die Bedienmenüs, die nicht immer schlüssig erscheinen oder gar durch Übersetzungsfehler auffallen. Mit etwas Übung lassen sich der digitale Tacho und das Infotainment-System allerdings einigermaßen vernünftig bedienen. Die kabellose Anbindung von Android Auto oder Apple CarPlay funktionierte dagegen tadellos. Was uns zur üppig dimensionierten und elektrisch verschiebbaren Mittelkonsole samt induktivem Ladefach führt. Irgendwie eine clevere Lösung, wäre die Höhe der Konsole identisch zu der Armauflage in den Türen, die insgesamt zu tief montiert sind. Im Gegenzug sitzt man gefühlt stets zu hoch im Ariya und wer über 1,90 Meter groß ist, findet bisweilen keine dauerhaft bequeme Sitzposition. Hinten ist es vor allem das früh abfallende Fahrzeugdach in Kombination mit dem Panoramadach, das Großgewachsene auf die Probe stellt. Alle anderen freuen sich über üppigen Bewegungsraum samt ordentlicher Kniefreiheit. Der Kofferraum fasst derweil durchschnittliche 468 bis 1.350 Liter.
In Sachen Verarbeitung lässt Nissan dann aber kaum etwas anbrennen. Die eingesetzten Materialien wirken wertig, gut zusammengesetzt und fassen sich zumeist hochwertig an. Ein Highlight sind hier sicherlich die Zierleisten im Bereich der Klimaanlage und unterhalb des Automatikwählhebels, die erst mit dem Fahrzeugstart ihre Bedienfunktionen offenlegen. Gut funktioniert haben während des Testzeitraums außerdem die angebotenen Assistenzsysteme. Sie unterstützen überwiegend ohne Bevormundungseffekt und im Zweifel lässt sich zumindest das Spurhaltesystem schnell per Tastenkombination am Lenkrad deaktivieren.
Fazit
Optisch eigenständig, innen sauber verarbeitet und mit guten Platzreserven auf allen Sitzplätzen versehen – sofern man nicht allzu groß gewachsen ist. Auch das Fahrkapitel würde im Nissan Ariya so schlecht nicht ausfallen, hätten seine Erbauer etwas mehr Augenmerk auf den finalen Feinschliff gelegt. Zeit genug hätten sie durchaus gehabt, kam das SUV schließlich mit zweijähriger Verspätung auf den Markt. So aber ist der japanische Stromer nur Mittelmaß, was auch an der verhaltenen Ladegeschwindigkeit und der übersichtlichen Autobahnreichweite liegt. Dafür ruft Nissan stattliche Preise auf. (Text und Bild: tv)
Technische Daten Nissan Ariya e-4orce 87 kWh
Modell | Nissan Ariya e-4orce 87 kWh |
Motor | 2x Elektromotor |
Systemleistung | 225 kW (306 PS) |
Systemdrehmoment | 600 Nm |
Batterie | 87 kWh Lithium-Ionen (netto) |
Stromverbrauch kombiniert | 20,4-20,0 kWh/100 km² |
CO2-Emissionen kombiniert | 0 g/km² |
Reichweite nach WLTP | bis zu 493 km |
Beschleunigung (0–100 km/h) | 5,7 s |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h |
Abmessungen (L/B/H) | 4,60 m/1,85 m/1,65 m |
Leergewicht | ca. 2.250 kg |
Kofferraumvolumen | 468 bis 1.350 l |
Grundpreis Nissan Ariya | ab 47.490 Euro |
*Herstellerangaben