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Test: Opel Astra 1.7 CDTI – Golf-Schubser

Wie bei jeder Astra-Neuauflage (früher Kadett) denken Opel-Fans: Jetzt geht’s los! Jetzt stoßen „wir“ den Golf vom Thron. Auch beim aktuellsten Kompakt-Werk aus Rüsselsheim wünschen sich die Blitz-Freunde wieder, dass sich in der Hierarchie endlich mal was ändert.

Nach ein paar Monaten sagen die Verkaufszahlen aber etwas anderes. In unserem Test erfahren Sie warum das so ist.
Aber damit gleich zu anfangs keine Missverständnisse auftreten: Der neue Opel Astra ist ein gutes Auto, ein außerordentlich gutes sogar. Aber wer mit dem Golf tanzt, muss eben besser als nur gut sein und darf sich keinerlei Schwächen leisten.

Größer und viel schwerer

Um die Stärken optisch herauszuarbeiten, haben die Designer in Rüsselsheim dem Astra eine imposante Statur mit auf den Weg gegeben. 4,42 Metern misst er von Stoßfänger zu Stoßfänger, 1,81 Meter von Kotflügel zu Kotflügel und 1,51 Meter vom Scheitel bis zur Sohle. Der Radstand beträgt 2,69 Meter. Alles in allem ist er ein durchaus hübsches Auto, auch wenn aus manch einer Perspektive der lange vordere Überhang missfällt. Zudem sehen einige Betrachter einen Schuss Asia-Style in ihm, vor allem das rundliche Heck polarisiert. Aber da befindet sich Opel ja in bester Gesellschaft. Dass das Gewicht im Vergleich zum Vorgänger um fast 200 Kilogramm zugelegt hat, ist eine unschöne Begleiterscheinung des Größenwahns.

Ebenso unschön ist es, dass sich das Plus in den Abmessungen nicht in ein besseres Raumangebot oder wenigstens in eine gute Übersichtlichkeit ummünzen ließ. Vorne stören die massiven A-Säulen und die zusätzlichen Dreiecksfenster, hinten sieht man eigentlich gar nichts raus – vor allem nach schräg hinten ist es aufgrund der breiten C-Säulen schier unmöglich beim Abbiegen herannahende Radfahrer zu erspähen.

Viel Platz vorne, …

Vor allem im Fond ist die Beinfreiheit bestenfalls auf Golf-Niveau, die Füße finden allerdings bei komplett heruntergefahrenem Vordersitz kaum noch Platz. Ganz hinten finden mindestens 370 Liter Gepäck ausreichend Platz, immerhin 20 Liter mehr als im Golf. Immerhin gibt es vorne keinerlei Grund über Platzmangel oder eine schlechte Sitzposition zu klagen – besonders bei Bestellung der optional erhältlichen Sportsitze sind die Einstellmöglichkeiten hervorragend, auch wenn die Lehnenverstellung zu grob geraten ist. Übrigens: Der Golf ist bei mindestens gleichem Innenraumangebot 22 Zentimeter kürzer, das ist hilfreich bei der Parklpatzsuche. Und ganz nebenbei auch noch fast 200 Kilogramm leichter.

Vor allem mit der Masse hat der knapp 1.700 Kubikzentimeter kleine Dieselmotor zu kämpfen. Zudem handelt es sich beim getesteten 1.7 CDTI mit 125 PS um kein neues Aggregat. Mit seinem Drehmoment von 280 Newtonmetern bietet es auf dem Papier zwar ausreichend Kraft. In voller Blüte steht die Kraft jedoch erst ab ungewöhnlich hohen 2.300 Touren. 11,6 Sekunden benötigt der Astra 1.7 CDTI für den Standard-Sprint – ein ordentlicher aber kein besonders guter Wert. So schafft das der 1.6 TDI mit 105 PS im Golf ein paar Zehntel Sekunden schneller. Bei der Endgeschwindigkeit rennt der Hesse bei 195 km/h gegen die unbezwingbare Luftwand. Mit einem Testverbrauch von 6,7 Liter kann sich der Opel zudem nicht sonderlich schmücken, zumal bei flotter Gangart gerne auch zwei Liter mehr fällig werden. Fettleibigkeit frisst eben Ressourcen.

Tolles Fahrwerk

Höchst erfreulich präsentiert sich hingegen das Fahrwerk. Wie bei Presse-Testwagen üblich, ist auch der Astra 1.7 CDTI in der Ausstattungslinie Sport fast voll ausgestattet. Unter anderem mit dem adaptiven, 930 Euro teuren Flex-Ride-Fahrwerk. Das aus dem Insignia adaptierte Anpass-System macht seine Sache überaus ordentlich. So bügelt es im Tour-Modus Unebenheiten fein aus, lässt den Astra satt auf der Straße liegen und verhält sich auch in Extremsituationen berechenbar und absolut unkritisch.

Auf der anderen Seite ist auch Schnellfahren damit problemlos möglich und erübrigt somit fast die Sport-Einstellung, die das Fahrwerk zu hart macht. Gleichzeitig verändert sich beim Druck die Tachobeleuchtung von Weiß auf Rot, die Bedienkräfte der exakt arbeitenden Lenkung erhöhen sich und die Gaspedalansprache gestaltet sich agiler und lässt den Astra subjektiv besser beschleunigen. Opel dachte sogar an eine Personalisierung der einzelnen Funktionen im Untermenü des Infotainment-Systems. Leider halten diese Individual-Einstellungen nur bis zum nächsten Motorstart, eine Memory-Funktion gibt es nicht.

Kein Sonderangebot

Dabei ist der Opel Astra 1.7 CDTI mit 125 PS schon in der Basis-Ausstattung Edition kein Sonderangebot. 23.000 Euro rufen die Rüsselsheimer dafür auf. Exakt so viel kostet auch ein ähnlich ausgestatteter Golf 1.6 TDI Trendline. Wer den Astra adäquat ausstaffiert, landet schnell bei rund 26.000 Euro, denn 17-Zoll-Aluräder für 900 Euro, das extrem gute Bi-Xenonlicht für 1.100 Euro sowie das Komfort-Paket mit Sitzheizung, Lederlenkrad, Tempomat und Parkpiepser für 450 Euro sollten genauso wenig fehlen, wie die 500 Euro teuren Sportsitze, die sich das AGR-Gütesiegel verdient haben.

Enttäuschend sind hinsichtlich des Preises Detaillösungen wie die Verwendung von zu viel Hartplastik am Armaturenbrett. Das ist in dieser Fahrzeugklasse mittlerweile verpönt. Gewöhnungsbedürftig sind auch die fast unzähligen Schalter, Tasten und Regler, die aber nach kurzer Zeit wenigstens einfach zu bedienen sind. Echte Schmutzfänger sind der untere Bereich des Lenkrades mit der silberfarbenen Spange und die Nut unter der Schalthebelkonsole, wo sich das feiste LED-Nachtlicht befindet.

Einige Detailmacken

Eine echte Fehlkonstruktion scheint die Spritzwasserdüse des Heckwischers zu sein. Erstens trifft das in undefiniertem Strahl austretende Wasser nie den unteren Bereich der Scheibe und zweitens hinterlassen die Wischer in Folge dessen – speziell bei Salzwetter – stets undurchsichtige Schlieren. Zu guter letzt tröpfelt das vom Wischer nach oben weggeschlagene Wasser wieder über die Scheibe nach unten und hinterlässt eine unschöne und vor allem nicht saubere Heckscheibe.

Ebenfalls keine Empfehlung erhält das große Navigationssystem DVD 800 Europa von uns. Denn wer während einer aktiven Zielführung eine Neueingabe tätigt (beispielsweise die Eingabe eines Sonderziels in der Umgebung), kann komplett von vorne beginnen, sobald die nette Damenstimme eine aktuelle Ansage macht – ärgerlich.

Vielleicht führen einige der genannten Auffälligkeiten auch zur bislang vorhandenen Kaufzurückhaltung. Nicht einmal 5.000 Neuzulassungen konnte der Astra im Februar 2010 vermelden. Vergleicht man das mit dem Golf, der gut 20.000 Mal als Neuwagen zugelassen wurde, erscheint es als lächerlich geringe Summe. Aber: Man muss es in Relation setzen. So ist beim Astra der Kombi noch alt und andere neue Derivate gibt es nicht. Beim Golf zählen Kombi, Golf Plus und Jetta mit in die Berechnung. Vergleicht man den Astra jedoch mit dem derzeit im Abverkauf befindlichen Ford Focus, könnte den Opelanern schlecht werden. Der Oldie aus Köln wurde nämlich lediglich 600 Mal weniger an die Kunden gebracht und deren neues Modell steht bereits in den Startlöchern.

Technische Daten
Opel Astra 1.7 CDTI 125 PS
Ausstattungsvariante Sport
Abmessung und Gewicht
Länge/Breite/Höhe (mm) 4.419/1.814/1.510
Radstand (mm) 2.685
Wendekreis (m) 11,4
Leergewicht (kg) ab 1.500
Kofferraum (Liter) 370
Bereifung Testwagen 215/50 R17 Dunlop Winter Sport M3
Motor
Hubraum (ccm) / Zylinder (Zahl, Bauart) 1.686 / 4, Reihe
Leistung Kw (PS) 92 (125)
Drehmoment (Nm) / Umdrehungen 280 bei 2.300
Antriebsart Front
Getriebeart 6-Gang-Handschaltung
Verbrauch
Krafstoffart Diesel
Kombiniert laut Werk (l/100km) 4,7
CO2-Emissionen (g/km) 124 / Euro 5
AS24-Verbrauch (l/100km) 6,7
Fahrleistungen
Werksangabe 0-100km/h (s) 11,5
AS24-Sprint 0-100km/h (s) 11,8
AS24-Bremstest 100-0km/h (m) k. A.
Höchstgeschwindigkeit (km/h) 195
Preise
ab (Euro) 24.840
Empfehlenswerte Extras Metallic Lackierung (490 Euro), Innovations-Paket mit Bi-Xenonlicht, Fernlicht-Assistent, automatisch abblendbarem Innenspiegel, Regen- und Licht-Sensor, LED-Tagfahrlicht (1.100 Euro), Komfort-Paket mit Sitzheizung, Park-Pilot hinten (385 Euro), FlexRide-Fahrwerkssystem (930 Euro), Ergonomie-Sportsitz (500 Euro), Bluetooth-Freisprecheinrichtung mit SIM-Access-Profile (500 Euro)
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Fazit

Bestätigen die mageren Verkaufszahlen des neuen Opel Astra nun unseren Testeindruck oder liegt die zurückhaltende Kauflust an der aktuellen Wirtschaftssituation? Wahrscheinlich beides ein wenig.

Denn den potenziellen Käufern werden die Kritik-Punkte wie das knappe Raumangebot ob der opulenten Abmessungen genauso wenig entgehen, wie die schlechte Übersichtlichkeit. Dass der Motor gemessen an der Leistung nicht wirklich schnell ist, liegt eher am hohen Gewicht und ist im Alltag zweitranging, wenn nicht der Verbrauch direkt daran gekoppelt wäre.

Erfreuen werden sich hingegen viele am attraktiven Äußeren, an der im Gesamten ordentlichen Verarbeitung, am super justierten Flex-Ride-Fahrwerk, an den hervorragenden Sportsitzen und beispielsweise dem tollen Bi-Xenonlicht. Schade nur, dass vieles, was besonders gut ist, Aufpreis kostet.

Alles in allem wird auch dieser Astra den Golf nicht vom Thron schubsen können. Somit müssen alle Blitz-Fans auf die nächste Generation hoffen, doch bis dahin dauert es noch.

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