Das Elfer-Feuer brennt so hell wie schon lange nicht mehr. 2021 stellte Porsche bereits den GT3, dessen Touring-Ableger (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 13,0-12,9 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 294-293 g/km²) und jetzt die GTS-Varianten des 992 vor. Damit nähert sich das aktuelle Sportwagen-Programm der Stuttgarter langsam, aber sicher der Vollständigkeit. Klar fehlen noch ein paar Randerscheinungen. Ein GT3 RS zum Beispiel, oder der brachiale GT2 RS.
Doch im Grunde nach sind die Volumenvarianten nun gesetzt und in meinen Augen gibt es auch keinen Zweifel daran, dass sich potenzielle Elfer-Kunden den Gran Turismo Sport ganz genau anschauen sollten. Er ist ohne Überschwang der derzeit wohl beste 992, den man kaufen kann. Besser also als ein GT3? Für den Alltagsfahrer, für denjenigen, der seinen Sportwagen nicht nur am Wochenende rausholt, auf jeden Fall. Denn sie haben dem 911 Carrera GTS (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,4-10,4 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 258-236 g/km²) in Zuffenhausen etwas antrainiert, was in dieser Wagenklasse heutzutage schwer zu finden ist: Federungskomfort.
Federungskomfort, der gleichzeitig nicht zu Lasten der Sportlichkeit geht. Zwei Attribute, die eigentlich in krassem Widerspruch zueinander stehen, konnten durch einen tiefen Griff in die Techniktrickkiste miteinander verbunden werden. Man bediente sich unter anderem am PASM-Sportfahrwerk aus dem großen Turbo-Bruder, was die Karosse nochmals 10 Millimeter tiefer liegen lässt. Sogenannte Helper-Federn an der Hinterachse sorgen jedoch dafür, dass die Hauptfedern während aller Fahrzuständen unter Spannung stehen. So bleibt der Ausfederweg erhalten, was am Ende auch dem Fahrkomfort zuträglich ist.
Optional erhältlich sind außerdem eine aktive Hinterachslenkung und die aktive Wankstabilisierung Porsche Dynamic Chassis Control. Abgerundet wird das Technikfeuerwerk im Fahrwerksbereich von der Liftfunktion für die Vorderachse, die den Bug um bis zu 40 Millimeter anheben kann. Das Ganze funktioniert wahlweise auch GPS-gestützt. Der 911 merkt sich die Stelle, an der die Vorderachse manuell angehoben wurde, und hebt den Vorderwagen auf Wunsch das nächste Mal automatisch.
Große Souveränität beweist auch der – dank serienmäßiger Sportabgasanlage – kernig klingende 3,0-Liter-Sechszylinder-Boxer der 992 GTS-Modelle. 480 PS sind derer 30 mehr als im Vorgänger, das Drehmoment des Turbomotors steigt leicht von 550 auf 570 Newtonmeter an. So beschleunigt der Carrera GTS in gut 3,4 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 311 km/h. Doch sind dies am Ende nur nackte Zahlen, die es auf der schwarzen Asphaltdecke in Fahrdynamik umzusetzen gilt. Porsche selbst unterhält hierfür acht Kundensportzentren, wovon eines kürzlich in Norditalien eröffnet wurde.
Auf dem Porsche Experience Center Franciacorta konnte ich mich von den Handlingqualitäten des 911 GTS überzeugen und zugleich davon, dass die reine Sportwagenlehre weiterhin aus Heckantrieb in Verbindung mit einem überschaubarem Fahrzeuggewicht besteht. Erstmals überhaupt besteht die Möglichkeit ein Leichtbau-Paket beim GTS zu ordern, dass im Bestfall bis zu 25 Kilogramm einspart. Wer zusätzlich noch die Keramikbremse (PCCB) bestellt, spart ebenfalls zusätzliche Pfunde ein. Letztere muss es aber eigentlich nicht sein, denn die serienmäßige Hochleistungsstahlbremse, ebenfalls aus dem 911 Turbo übernommen (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 12,3-12,0 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 279-271 g/km²), verzögern selbst auf der Rennstrecke äußerst vehement.
Mittels einer elektronisch geregelten, vollvariablen Quersperre an der Hinterachse (mechanisch beim 7-Gang-Handschalter) steigt sodann die Traktion am Kurvenausgang. Ein zusätzlicher Garant für ein leichtfüßiges Fahrgefühl ist die sehr präzise und rückmeldungsstarke Servolenkung Plus, die dich stets spüren lässt, wie es um die Vorderachse bestellt ist. Das serienmäßige 8-Gang-PDK ist derart fix beim Schalten, dass es beinahe so wirkt als ahne es die nächsten Fahrmanöver des Fahrers. Alternativ kann auch ein manuelles 7-Gang-Getriebe – preisneutral – angekreuzt werden, das aber im Vergleich zu den 6-Gang-Handrührern aus den GT-Modellen sowie den PDK-Boxen klar das Nachsehen hat.
Den GTS-Gedanken etwas ad absurdum führen derweil die Cabriolet- und Targa-Varianten. So verträgt sich das zusätzliche Gewicht der Stoffmützen-Variante augenscheinlich weniger gut mit dem eingesetzten Turbo-Fahrwerk. Das Cabriolet rollt schroffer ab und lässt Querfugen deutlicher durchscheinen. Der Targa GTS wiederum erhält nur das Fahrwerk aus dem regulären Targa 4S.
Optisch wiederum vertrauen alle GTS-Modelle auf das Sport Design-Paket, das es zwar auch für den regulären Carrera gibt, das aber um spezifische Merkmale an der Front- und Heckpartie erweitert wurde. Geprägt ist der äußere GTS-Trimm weiterhin von schwarzen Akzenten, wohingegen der hochwertig ausstaffierte Innenraum um rote Zierelemente ergänzt wurde.
Sportsitze Plus mit Race-Tex-Bezügen sind im Serienumfang enthalten, ebenso das Sport Chrono Paket. Dagegen optional und unter anderem im Leichtbau-Paket enthalten sind CfK-Vollschalensitze, bekannt aus dem GT3. Das Porsche Communication Management System, kurz PCM, wurde währenddessen auf die Version 6.0 gehoben, was eine leichtere Bedienung und die Spiegelung von Geräten mit Android Auto ermöglicht. Weiterhin nicht der Weisheit letzter Schluss ist dagegen der digitale Tacho, dessen äußere Anzeigen durch den Lenkradkranz verdeckt werden.
Dass der 911 Carrera GTS per Remote Parking Funktion nun auch von allein einparken kann, soll zum Ende eine Randnotiz bleiben. Denn das Hauptaugenmerkt liegt auf dem Fahrkapitel. Bereits ohne Hinterachslenkung, ohne aktive Wankstabilisierung liegt der GTS äußerst agil auf der Straße, lässt sich per Knopfdruck zum Supersportler oder zum Langstreckenrenner umfunktionieren. Der 480 PS starke Turbo-Boxer steht gut im Futter, das 8-Gang-PDK denkt für den Fahrer mit. Ein weiteres Argument, dass für den Carrera GTS sprechen dürfte, ist sein Preis. Mindestens 140.981 Euro bedeuten, dass man zum 911 Turbo deutliche 48.000 Euro einspart. Auch der GT3 bleibt rund 30.000 Euro teurer. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)