Ein Test zum Porsche 911 GT3 RS der Modellgeneration 991.2 ist ja eigentlich obsolet (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 13,2 l/100km; CO2-Emissionen kombiniert 303 g/km²). Denn bereits seit Anfang 2019 steht der neue Elfer (992) bei den Händlern und zuletzt wurde gar das vorläufige Turbo-Topmodell vorgestellt. Warum also ein Fahrbericht zu einem Auto, das es gar nicht mehr neu zu kaufen gibt? Weil die Faszination über das Baureihenende hinweg bestehen bleibt. Außerdem tummeln sich auf AutoScout24.de noch vereinzelt GT3 und GT3 RS, die den Neuwagenstatus auf jeden Fall verdient haben. Einher geht damit leider auch ein dickes Preisschild.
Basispreis: knapp 200.000 Euro
Verlangte man in Zuffenhausen während der letzten Produktionsmonate noch mindestens 195.137 Euro vom geneigten Kunden, so kostet unser lizardgrüner Testwagen, unter anderem durch das 17.850 Euro teure Weissach-Paket und die Magnesium-Schmiederäder im Wert von 11.900 Euro, schlappe 245.896 Euro und 45 Cent. Aber immerhin kauft man nicht ein, sondern gleich zwei Autos. Den Sportwagen für den Weg zur Rennstrecke und den Rennboliden für auf der Rennstrecke. Nach dem Ausritt auf der Nordschleife geht es anschließend und einigermaßen entspannt wieder nach Hause.
Unauffällig ist anders
Einigermaßen? Nun, der grüne Porsche hier ist kein dick beflügeltes Sonntagsauto für gutbetuchte Poser, sondern im wahrsten Sinne ein Werkzeug für schnelle Rundenzeiten. Was bedeutet, dass die Dämmung gewichtsoptimiert reduziert wurde, es wahlweise kein Radio gibt und der Vollschalensitz eine gewisse Konstitution vom Fahrer abverlangt. 6-Punkt-Gurte sind neben dem Überrollkäfig im Weissach-Paket enthalten und sorgen nicht nur im Rennstreckenbetrieb für besten Halt. Die Anschnallprozedur dauert zwar länger, ein normaler Gurt ist selbstverständlich auch vorhanden, doch die Blicke an der Tankstelle – sie sind unbezahlbar. Und auch sonst ist es relativ schwer, mit einem GT3 RS in der Öffentlichkeit nicht aufzufallen.
Carbon wohin das Auge blickt
Er ist und bleibt ein Exot auf unseren Straßen und wenngleich einige Passanten mehr Schein als Sein vermuten, verschwindet man aus der Stadt ins Hinterland, geht so richtig der Punk ab. Dass 520 PS ordentlich nach vorne schieben ist klar. Sagenhafte 3,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h für einen freiatmenden Sechszylinder-Boxer mit vier Liter Hubraum sind ebenfalls ein heftiges Statement. Doch erwartet, nein fordert man dies von einem solchen Sportwagen. Was der Porsche 911 GT3 RS dann allerdings auf der gewundenen Landstraße abliefert, das ist einmalig! Hier macht die großspurige Optik auf einmal vollends Sinn. Frontdeckel, Dach, Außenspiegelkappen und Heckflügel sind aus Carbonfaser, selbst die Dreiecksfenster vorne können aus dem leichten Material geordert werden.
Der Porsche GT3 RS bietet Go-Kart-Feeling
Die Magnesium-Räder sind zusätzlich 11,5 Kilogramm leichter und dann wären da noch (im Weissach-Paket enthalten) Stabilisatoren und Koppelstangen an der Vorder- und Hinterachse aus kohlefaserverstärktem Kunststoff. All dies trägt dazu bei, dass das Fahrzeuggewicht des Testwagen zwar nicht federleicht, mit fahrbereit knapp 1.500 Kilogramm aber immer noch deutlich unter der Beleibtheit gut ausgestatteter Vorstands-Elfer liegt. Die reduzierte Masse macht sich bei jeder Bremsung bemerkbar, wenn die optionale Porsche Keramikbremse (PCCB) gnadenlos zupackt und den GT3 RS in gefühlt keiner Zeit herunterbremst. Go-Kart-Feeling auch beim anschließenden Einlenken in die Haarnadel. Präzise wie ein Skalpell lässt sich der Power-Elfer dank des mit Alcantara bezogene GT-Volant dirigieren, das durch seine Größe und ohne nervige Schalter bestens in der Hand liegt. Die elektrische Lenkung an sich ist in ihrer Art der Gewichtung und Rückmeldung kaum zu übertreffen.
Breite Gummis, brutale Kurvenlage
Der GT3 RS liegt sodann auch in der Kehre wie auf Schienen, vorausgesetzt natürlich, man hat die aufgezogenen Michelin Pilot Sport Cup 2 Reifen vorher warm gefahren. Die 20/21-Zoll Mischbereifung, samt heftiger 325er Gummis an der Hinterachse, krallt sich vehement in den Asphalt und förderlich für die hohe Kurvendynamik ist neben der elektronisch geregelten Hinterachs-Quersperre natürlich auch die verbaute Hinterachslenkung. Hat man die Querbeschleunigung am Kehrenausgang schließlich im leichten Drift unter Kontrolle gebracht, heißt es wieder: rauf aufs Gaspedal und die Fuhre auf die nächste Gerade geschossen. Hier schlägt die Stunde des 3.996 Kubikzentimeter großen GT-Motors. Ein Antrieb, der in Sachen Spontanität und Durchzugsvermögen in einer ganz eigenen Liga spielt.
Ein Hoch auf sechs Zylinder und sieben Gänge
Dabei ist auch die Symbiose aus Boxermotor und 7-Gang-PDK kaum in Worte zu fassen, als der Heckantrieb mittels beherztem Gasstoß über die 6.000 Umdrehungen schnalzt. Wer behauptet, Ottopartikelfilter schmälern bei diesem Rennmotor das Klangerlebnis, der hat ja keine Ahnung. Der GT3 RS kreischt, ja er schreit sich seiner Nennleistung von 520 PS bei 8.400 Umdrehungen entgegen. Weiter geht es bis die Nadel im Drehzahlmesser die Marke von wahrhaft wahnwitzigen 9.000 Touren erreicht. In jenen hochdrehenden Sphären angelangt, fängt es allerspätestens an: Das Verlangen, einen Porsche haben zu wollen. Dabei ist es beinahe gleich ob man den Doppelkuppler automatisch laufen lässt oder ihn manuell via Carbon-Paddels beziehungsweise per Wahlhebel befehligt. Die Hereingabe der sieben Fahrstufen erfolgt immer blitzschnell und präzise wie in einem Uhrwerk. Lediglich auf längeren Autobahnfahrten fehlt der drehzahlsenkende achte Gang (der dann im Nachfolger kommt).
Die Sache mit der Tiefgarage
Sind die aktuellen Carrera Modelle samt Sechszylinder-Turbo schon schön zu fahren, so merkt man erst in einem solchen Sportgerät, wie komfortabel und ausladend die aktuelle Elfer-Generation geworden ist. Die erkaufte Kompromisslosigkeit eines Porsche GT3 RS wirkt sich allerdings nicht nur im Portemonnaie, sondern auch auf die Alltagstauglichkeit aus. Tiefgarageneinfahrten, eigentlich alle Arten von Rampen, Bodenschwellen und teils schlechte Straßen sind auf Dauer der sichere Tod der Spoilerlippe. Weshalb man bei einem Basispreis von rund 200.000 Euro für das bestellbare Lift-System an der Vorderachse noch Aufgeld verlangte, ist leider nicht bekannt. Eine Null-Euro-Option, wie etwa beim Infotainmentsystem, wäre (zukünftig) eigentlich eine gangbare Lösung, um unschöne Kontaktmomente zu vermeiden. Naturgemäß disqualifizieren sich auch die Vollschalensitze für den täglichen Gebrauch, schält man sich insbesondere mit längerem Gebein doch sehr umständlich hinein und wieder heraus. Doch wer würde sich schon die "sofaartigen" regulären Sportsitze in einen GT3 RS verbauen? Eben. Kaum jemand.
Fazit
Die mangelnde Alltagstauglichkeit soll dann auch der einzige Kritikpunkt an einem Auto sein, dass eigentlich gar kein Alltagsgegenstand sein will. Der Porsche GT3 RS ist was er ist: Ein rasiermesserscharfes Werkzeug für die Rennstrecke mit einem verdammt guten Sechszylinder-Boxer, einem blitzschnellen Getriebe und einer Kurvendynamik, die einem den Atem raubt. Wer nun nach einer Alternative mit etwas mehr Kompromissbereitschaft sucht, der greift zum GT3 Touring oder zum preislich interessanten 911 T. Spätestens bei letzterem klappt's dann auch mit der steilen Tiefgarageneinfahrt. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
Technische Daten*
- Modell: Porsche 911 GT3 RS (991.2)
- Motor: Sechszylinder-Boxer, Sauger, 3.996 ccm
- Leistung: 520 PS (383 kW) bei 8.400 U/min
- Drehmoment: 470 Nm bei 6.250 U/min
- Antrieb: Heckantrieb, 7-Gang-PDK
- Kraftstoffverbrauch kombiniert: 13,2 l/100 km²
- CO2-Emissionen kombiniert: 303 g/km²
- Beschleunigung (0 – 100 km/h): 3,2 s
- Beschleunigung (0 – 160 km/h): 6,9 s
- Durchzug (80 – 120 km/h): 1,8 s
- Höchstgeschwindigkeit: 312 km/h
- Abmessungen (L/B/H): 4,56 m/1,88 m/1,30 m
- Gewicht DIN: 1.425 kg
- Ehemaliger Grundpreis: 195.137 Euro
*Herstellerangaben