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Test Porsche 911 Sport Classic: Gewinn mit System

Porsche hat mit dem 911 Sport Classic das zweite von vier Heritage-Modellen vorgestellt. Nach dem Design Edition Targa folgt nun eine packende Fahrmaschine mit 550 PS, Hinterradantrieb und Schaltgetriebe. Wie sich das Sammlerobjekt fahren lässt, konnten wir für euch im AutoScout24 Test herausfinden.


Der Porsche 911 (992) Sport Classic im Überblick


Pro

Stärken

  • - Sehr starke Fahrleistungen
  • - Perfektes Handling
  • - Sehr gute Bremsen
  • - Ausgewogenes Fahrwerk
  • - Äußerst hochwertig verarbeitet
  • - Wertsteigerungspotenzial
Contra

Schwächen

  • - Sehr teure Anschaffung
  • - Hoher Benzinverbrauch
  • - Teils umständliche Bedienung
  • - Trotz Heritage-Limitierung kaum Exklusivoptionen

Porsche-911-Sport-Classic-Front

Porsche zeigt, wie man Geld verdient

Wenn es ein Unternehmen im Autobusiness gibt, dass es versteht, Geld zu verdienen, dann ist das sicherlich Porsche. Die Stuttgarter strotzen nur so vor Finanzkraft, empfehlen sich dadurch gerade selbst für den anstehenden Börsengang Ende 2022 und übernehmen mit ihrem Chef Oliver Blume ab 1. September 2022 sogar die Führung in der Konzernmutter Volkswagen. Warum der Sportwagenbauer so gut dasteht und wie das so geht, mit dem Geldverdienen, zeigt sich exemplarisch am neuen Porsche 911 (992) Sport Classic (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 12,6 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 285 g/km)².

Lediglich 1.250 Stück des Heritage-Modells werden gebaut, der Preis beträgt mit deutschen Steuern ab 281.758 Euro. Würden alle Sport Classic hierzulande verkauft werden, Porsche würde allein mit diesen Autos einen Umsatz von bemerkenswerten 352.197.500 Euro generieren. Mindestens.

Porsche-911-Sport-Classic-Badge

Der Vorgänger ist heute doppelt so viel Wert

In Wahrheit dürfte dieser Wert durch eine länderspezifisch unterschiedliche Bepreisung und gewählte Sonderoptionen noch ein wenig höher ausfallen, was am Ende selbstverständlich auch der Unternehmensrendite zugutekommt. Doch Porsche denkt natürlich auch an den Geldbeutel seiner treuen Kunden. Denn, dass der bereits ausverkaufte „911 SC“ (in Zeiten des G-Modells auch die Bezeichnung für „Super Carrera“) einmal weniger wert sein wird, gilt mit Betrachtung des letzten Entenbürzel-Vorgängers aus der Baureihe 997 als eher unwahrscheinlich.

2010 kostete der damalige Sport Classic mindestens 201.682 Euro – heute, 12 Jahre später, wird das knappe Gut mit 400.000 Euro und mehr gehandelt. Damals freilich wurden nur 250 Einheiten aufgelegt, im Verhältnis produzierte Porsche aber jährlich auch noch keine 280.000 Autos.

Porsche-911-Sport-Classic-Front-Side

911 Sport Classic ist kein eigenständiges Modell

Soweit ein paar Zahlen rund um den aktuell teuersten Serien-Elfer. Die allesentscheidende Frage ist nun, ob das Sammlerobjekt auch so gut fährt, wie es der hohe Kaufpreis suggeriert. Auch an dieser Stelle müssen wir etwas ausholen, denn es gilt zu verstehen, wo der aktuelle 911 SC herkommt. Porsche hat nämlich nicht den Aufwand betrieben ein völlig eigenständiges Modell zu entwickeln. So trägt der Sport Classic die breite Karosse der Turbos, setzt auf deren Keramikbremse und darf auch auf den doppelt beatmeten 3,7-Liter-Sechszylinder-Boxer zurückgreifen (Testverbrauch um 13 Liter Super Plus auf 100 Kilometer).

Doppelkuppeldach und Fronthaube bestehen, ähnlich wie optional beim aktuellen GT3 (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 13,0-12,9 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 294-293 g/km)², aus leichtbauendem CfK, wohingegen das Sondermodell ohne die Doppelquerlenker-Vorderachse auskommen muss. Das regelbare Fahrwerk wird sich stattdessen mit dem GTS geteilt. Bis an die Neunelf-Basis nähert man sich derweil beim Siebengang-Handschaltgetriebe an, dass unverändert aus dem Carrera S übernommen wurde (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,1-10,1 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 251-229 g/km)².

Porsche-911-Sport-Classic-Interieur-Manual

Aus dem Regal nur das Beste gegriffen

Böse Zungen könnten behaupten, hier wurde für ein limitiertes Heritage-Modell etwas zu sehr in Baukastendimensionen gedacht. Selbst die exklusiven Fuchs-Felgen des Vorgängers wurden mittlerweile durch Eigenprodukte in Form von Sport Classic Rädern ersetzt. Andererseits könnte man auch schreiben, dass Porsche aus vollen Regalen jeweils nur das Beste herausgegriffen und zu einem sagenhaften Supersportwagen zusammengesetzt hat. Und in der Tat: Trotz der beinahe schon VW-ähnlichen Gleichteilepolitik haben es die Stuttgarter geschafft, mit dem 911 Sport Classic den bis dato wohl besten 992 zusammenzustellen.

Porsche-911-Sport-Classic-Side

Trotz 550 PS kaum schneller als ein Carrera S

Dass wiederum liegt nicht unbedingt an den puren Papier-Fahrleistungen. Denn trotz 550 PS sprintet der SC in gerade einmal 4,1 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und unterbietet damit einen handgerissenen Carrera S um kaum herausfahrbare 0,1 Sekunden. Auch die Höchstgeschwindigkeit von 315 km/h lässt Schnellfahrer nicht sonderlich vor Entzückung jubeln, fährt einem hier sogar ein Alpina B5 Touring (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,2 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 256 g/km²) um die Ohren.

Nein, es geht dann doch eher um das erfühlbare Gesamtpaket. Mit welchem Druck dich der 3,7er-Turboboxer in den Sitz presst, wie rotzig er im „Sport-Mode“ samt automatischem Zwischengas (Auto-Blip) zu blubbern weiß und wie heftig die Keramikstopper für Verzögerung sorgen. Es sind aus 100 km/h kaum 30 Meter, die das gut 1.600 Kilogramm schwere Gefährt (warmgefahren) zum Anhalten braucht – und das dauerhaft.

Porsche-911-Sport-Classic-Side-Rear

Grandiose Motorbesetzung

Gebirgsstrecken eignen sich indes hervorragend, um die Feinfahrqualitäten des 911 Sport Classic herauszufiltern. Die sensible, sehr direkte Lenkung, das gegenüber dem Carrera S um 10 Millimeter tiefergelegte Adaptivfahrwerk mit hohen Komfortreserven und der Handschalter machen Laune. Dabei haben die Fans eigentlich schon die Nase gerümpft: Kein Saugmotor und dann auch noch das hakelige Siebenganggetriebe.

Doch bewahrt die Contenance: Der 3,7-Liter-Biturbo ist eine grandiose Besetzung im 911 SC, klingt altgedient, hat massig Leistung und die ab 2.000 Touren anliegenden 600 Newtonmeter Drehmoment ermöglichen vor allem auf längeren Strecken eine schaltfaule Herangehensweise. Das Getriebe selbst ist schon in der Kupplung nicht so straff ausgelegt, wie jenes, das in den GT-Fahrzeugen ohne siebten Gang seinen Dienst verrichtet.

Porsche-911-Sport-Classic-Interieur-Cockpit

Alles über dem Vierten ist sowieso Overdrive

Die Gassenführung bleibt präzise, wenngleich die Schaltwege für solch ein Sportwagen-Kaliber insgesamt einen Tick zu lange ausfallen. Dass man sich nun ob der siebten manuellen Fahrstufe häufiger verschaltet, kann nach etwas Gewöhnung nicht mehr geschrieben werden. Am Berg oder auf der Landstraße brauchst du ohnehin kaum vier Gänge – alles darüber ist sowieso nur Overdrive.

Der große Turbomotor und der fehlende Allradantrieb machen währenddessen den wohl größten Reiz am Konzept des 911 Sport Classic aus. Der nicht vorhandene Vorderradantrieb sorgt im Fahrgeschehen für etwas mehr Anspruch, wobei die aufgezogenen 21 Zöller mit 315er Sportpneus an der Hinterachse ein derartiges Gripniveau abliefern, dass man es schon gröber treiben muss, bis das Heck zum Überholen ansetzt. Einzig bei Nässe ist erhöhte Vorsicht geboten oder man wechselt im Zweifel direkt in den übertrieben wachsamen „Wet-Mode“.

Porsche-911-Sport-Classic-Interieur

Hochwertiger Innenraum mit dem Flair der 1970er-Jahre

Dieser machte durch häufiges Ermahnen auf sein Dasein aufmerksam, selbst wenn die Straße trocken war. Feinkritik, wie sie sonst im Innenraum nicht anzutreffen ist. Hochwertiges Leder, feiner Pepita-Stoff und Race-Tex wechseln sich mit Aluminiumapplikationen und offenporigem Holz ab. Ein wenig erinnert insbesondere die Farbkombination des Testwagens an ein Wohnzimmer aus den 1970er-Jahren, was wahrschein gewollt ist, kam 1972 mit dem Carrera RS 2.7 schließlich das Urmodell des heutigen Sport Classic auf den Markt.

Dabei schafft es der 992 die alte mit der modernen Welt zu verknüpfen und so wirkt auch der integrierte, nicht abbestellbare, Infotainment-Screen im Innenraumkonzept kaum störend. Bis ins Kleinste zeigen sich interessante Details, wie die belederten Lüftungsdüsenlamellen oder die bezogenen Deckel der Sicherungskästen in den Fußräumen. Auf der entspannten Langstrecke liefert währenddessen das Burmester-Soundsystem stets den passenden Sound.

Porsche-911-Sport-Classic-Rearend

Fazit

Kaufen, ein paar Mal im Jahr bewegen und sonst in einer gut klimatisierten Garage einlagern. Das perfekte Rezept, um aus mindestens 281.758 Euro schnell 300.000 Euro und mehr zu machen. Leichter ist eine ordentliche Rendite, trotz grassierender Inflation, heutzutage wohl kaum „herauszufahren“. Aber ist der 911 (992) Sport Classic überhaupt sein Geld wert? Wahrscheinlich schon. Es sind vor allem die manifestierten Feinfahrqualitäten zwischen großvolumigen 3,7-Liter-Turbomotor, Hinterradantrieb und Schaltgetriebe, die beeindrucken.

Die Wahrheit ist aber auch: Selbst einen nicht wirklich langsameren Carrera S kann man mit nahezu sämtlichen Features des Sport Classic, inklusive dem Heritage-Innenraum-Paket, aufwerten und erhält am Ende für 100.000 Euro weniger sogar die Option auf ein Automatikgetriebe. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten*

  • Modell: Porsche 911 (992) Sport Classic
  • Motor: Sechszylinder-Benziner, 3.745 ccm
  • Leistung: 550 PS (405 kW) bei 6.750 U/min
  • Drehmoment: 600 Nm zwischen 2.000 und 6.000 U/min
  • Antrieb: Hinterradantrieb, 7-Gang-Schaltgetriebe
  • Verbrauch kombiniert: 12,6 l/100 km²
  • CO2-Emissionen kombiniert: 285 g/km²
  • Beschleunigung (0–100 km/h): 4,1 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 315 km/h
  • Abmessungen (L/B/H): 4,52 m/1,85 m/1,30 m
  • Gewicht: ca. 1.600 kg
  • Grundpreis: ab 281.758 Euro

*Herstellerangaben

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