Porsche: Das war ist und bleibt für viele der Neunelf. Dennoch schaute man in Zuffenhausen während der vergangenen Dekaden immer wieder über den eigenen Tellerrand hinaus und brachte interessante 911-Alternativen auf den Markt. Zum Beispiel den 914 (Fahrbericht), den 924 oder den hier gefahrenen Porsche 928. Eines haben alle drei gemeinsam: Sie wurden von der eisernen 911-Fangemeinde nie als vollwertige Familienmitglieder anerkannt. Es fehlte das Heckantriebskonzept und überhaupt die klassische Formensprache.
Der 928 wurde als Elfer-Nachfolger gehandelt
Dabei war es der Porsche 928, der intern einst als Nachfolger für den 911 gehandelt wurde. Entwickelt wurde er während der ersten Ölkrise Mitte der 1970er Jahre und feierte schließlich sein Debüt ab 1977. Zunächst mit einem 4,5-Liter-Achtzylinder ausgestattet, lag die Leistung bei 240 PS und 350 Newtonmeter. In 6,8 Sekunden sprintete der Ur-928 auf Tempo 100 und schaffte es maximal auf 230 Stundenkilometer. Werte, die zu dieser Zeit durchaus mit dem 911 konkurrieren konnten. Dabei war der Antriebsstrang des 928 für Porsche noch Neuland. Der wassergekühlte Aluminium-V8 steckte tief im Vorderwagen, wohingegen das Getriebe zur Gewichtsverteilung nach Transaxle-Bauweise hinten verbaut wurde. Eine ähnliche Konstruktion wies bei Porsche damals nur der 924 mit Vierzylinder auf.
Leichtbau mit Schönheitsfehlern
Damit der deutlich größere 928 (im Vergleich zum damaligen 911) nicht noch schwerer wurde, verwendete man erstmals großzügig Leichtbaumaterialien. Polyurethan für die integrierte Frontstoßstange und das Heckteil, Aluminium für die Motorhaube, Türen und Kotflügel. In der Basis wogen die ersten 928 so lediglich rund 1.450 Kilogramm. Bei aller Innovation gab es allerdings einen entscheidenden Nachteil: Da über die Aluminiumverarbeitung im Automobilbau seinerzeit noch wenig bekannt war, entstanden in den Kontaktbereichen zwischen dem Leichtmetall und der restlichen Stahlkarosse unschöne Korrosionen. Über die Baujahre bekam Porsche diesen Umstand jedoch immer besser in den Griff, sodass jüngere 928 weniger betroffen waren.
18 Jahre Bauzeit
Der 928 wurde in seinen verschiedenen Ausführungen 18 lange Jahre bis 1995 äußerlich beinahe unverändert gebaut. Markantes Erkennungsmerkmal waren und sind die Klappscheinwerfer, die im ausgeschalteten Zustand in die Kotflügel versenkt werden. Erst spät und mit dem S4-Modell ab 1987 „beflügelte“ man den 928 mit einem echten Spoiler, was uns zugleich zur größten und letzten Eskalationsstufe des V8 Sportwagen bringt. Den GTS. Von 1992 bis zum Baureihenschluss war der Gran Turismo Sport im Angebot, verfügte maßgeblich über ein verbreitertes Heck und ein durchgezogenes Leuchtenband, das nun bei vielen Herstellern wieder stark im Kommen ist. Herzstück war zwar immer noch ein Achtzylinder-Saugmotor, allerdings aufgebohrt auf 5.397 Kubikzentimeter und 350 PS.
Wie fährt sich der Porsche 928 GTS?
Und genau so einen Porsche 928 GTS aus dem letzten Baujahr 1995 hat uns das Porsche Museum Stuttgart freundlicherweise aus seiner Sammlung zur Verfügung gestellt. Der Kilometerstand mit knapp über 32.000 erfreulich niedrig, der Gesamtzustand daher auf Jahreswagenniveau. Zurück in die 90er heißt es also, sobald der dünne Zündschlüssel zunächst das Türschloss öffnet und anschließend den V8-Motor zum Leben erweckt. Es dauert einen Moment bis das großvolumige Aggregat nach ein paar Orgelmomenten zur Ruhe kommt und in die Leerlaufdrehzahl sinkt.
Empfehlenswert als Handschalter
Klar abzulesende VDO-Anzeigen empfangen den Fahrer, wobei die gesamte Instrumenteneinheit mitsamt des Lenkrads in der Neigung zu verstellen ist. Ein umfangreicher aber zugleich umständlich zu bedienender Bordcomputer gibt Auskunft über Verbrauch, Außentemperatur oder wahlweise über die aktuell gefahrene Geschwindigkeit. So ging „digital“ 1991. Leider verfügt das von uns gefahrene Exponat nicht über das empfehlenswerte 5-Gang-Schaltgetriebe, sondern über den 4-Gang-Wandlerautomaten. Dessen Wahlhebel sieht mindestens so martialisch aus wie sich mancher Gangwechsel anfühlt und muss des Öfteren in einer niederen Fahrstufe „gesperrt“ werden, damit die 5,3 Liter Hubraum und 350 PS auf der Straße richtig zur Geltung kommen.
Über die Jahre kaum gealtert
Schließlich versprach Porsche einst 5,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h für die Automatik-Version und einen Top-Speed von satten 275 Stundenkilometer. Diese Werte mit einem Museumsstück zu erfahren liegt uns fern, allerdings können wir mitteilen, dass der Porsche 928 GTS über die Jahre nur sehr wenige seiner Pferdestärken verloren haben dürfte. Bärig und immerzu dezent grummelnd zieht der Gran Turismo Sport von unten heraus, lebt von seinen 500 Newtonmetern und lässt uns moderne Turbomotoren fast vergessen. Abseits der Bundesautobahn erinnert der Stuttgarter dann an amerikanische Muscle-Cars. Bei 50 km/h zeigt der Drehzahlmesser entspannte 1.200 Touren und selbst nach dem Ortsausgang bemüht sich der Automat selten, einen Gang herunterzuschalten.
Aktive Fahrsicherheit durch „Weissach-Achse“
Durch das straffe aber insgesamt harmonisch federnde Sportfahrwerk sowie die verbaute „Weissach-Achse“ (Räder an Längs- und Querlenkern geführt, geht in Vorspur, um bei Lastwechsel Übersteuern zu vermeiden) gelingen dem 928 (GTS) selbstredend auch schnelle und vor allem sichere Kurvenfahrten. Die Leichtigkeit eines frühzeitigen Elfers konnte er aber allein schon wegen seines Mehrgewichts nicht vermitteln. Mit ihm spult man daher lieber längere Strecken ab, was zum einen am großen 90 Liter Tank, aber auch am komfortablen Sportgestühl liegt. Der vorne üppig dimensionierte Innenraum des 928 ist ohnehin eine Wucht. Leder und flauschiger Teppich soweit das Auge blickt und die Finger fühlen können. Ja selbst die Lüftungsdüsen sind extra mit Leder bezogen, der Teppich reicht im Kofferraum bis hinauf zum Schloss. Für zuletzt 178.000 D-Mark konnte man jenen Luxus auch erwarten, kostete zum Beispiel ein Mercedes S 500 (W140) seinerzeit nur etwas über 137.000 D-Mark.
Fazit
Wer dem Porsche 928 gerade als bärenstarken GTS keine Chance gibt, ist selbst schuld. Es muss nicht immer ein alter 911 sein, der das Porscheherz höherschlagen lässt. Ein Sportgerät reinsten Wassers sieht zwar anders aus und fährt auch so, doch für den längeren Sonntagsausflug oder einen spontanen Kurzurlaub eignet sich der 928 auch heute noch in aller bester Manier. Der großvolumige Achtzylinder ist ein wahrer Freudenspender, Verbräuche um 13 Liter sind möglich und der Coolnessfaktor der Klappscheinwerfer ist natürlich unerreicht. Einziger Wermutstropfen: Hohe Ersatzteil- und Unterhaltskosten machen den 928 auch in dieser Kategorie zu einem echten Porsche. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
Technische Daten*
- Modell: Porsche 928 GTS
- Motor: Achtzylinder-Benziner, 5.397 ccm
- Leistung: 257 kW/350 PS bei 5.700 U/min
- Drehmoment: 500 Nm bei 4.250 U/min
- Antrieb: Hinterradantrieb, 4-Gang-Automatik
- Beschleunigung (0 – 100 km/h): 5,9 Sekunden (Automatik)
- Höchstgeschwindigkeit: 270 km/h
- Abmessungen (L/B/H): 4,52 m/1,89 m/1,28 m
- Gewicht: ca. 1.620 kg
- Grundpreis 1995: ca. 175.000 D-Mark
*Herstellerangaben