Liebe Leserin, lieber Leser, vielleicht erinnern sich ja einige von euch noch an die 1980er und Anfang 1990er Jahre. Ja, genau – die Zeit vor Smartphone und Internet. Unvorstellbar, weil es auch eine Zeit vor AutoScout24 war. „Autos zum Leben“ bot die Werbung von Renault damals an. Einen treuen Begleiter auf vier Rädern, der fast alles mitmacht. Mittlerweile ist daraus erst „Créateur d´automobiles“ und jetzt ein austauschbares „Passion for life“ geworden. Eigentlich schade, denn Autos zum Leben bieten die Franzosen nach wie vor an.
Bestes Beispiel ist der Renault Captur. Dessen Vorgänger galt schon als Bestseller, als in den Planungsabteilungen der Konkurrenz das Segment der kleinen SUV-Crossover auf Kleinwagenbasis erst langsam als Wachstumsmarkt erkannt wurde. Mittlerweile fährt der Renault Captur in zweiter Generation vor und direkt in unseren Testfuhrpark.
Ein Verwandter von Renault Clio und Nissan Juke
Der Plattformbruder von Renault Clio und Nissan Juke tritt stilsicher auf. Die Frontscheinwerfer zeigen ihre markentypischen Tagfahrlicht-Spangen und auch am Heck setzen die Leuchten frische Akzente im automobilen Allerlei. Mit einer Länge von 4,23 Metern ist der Franzose gar nicht mal so klein. Das gefällt auch Fahrer und Beifahrer. Beide freuen sich über viel Raum in alle Richtungen und bequeme Sitze. Nur die wackeligen Kopfstützen trüben, ebenso wie die schlecht erreichbare Verstellung der Sitzlehnen, das Bild.
Das Cockpit mit einem digitalen Kombiinstrument und sieben Zoll großem Infotainmentdisplay ist gut ablesbar. Die Bedienung gibt keine Rätsel auf, das war bei Renault nicht immer so. Auch die klare Menüstruktur beim Hantieren mit dem Touchscreen klappt auf Anhieb. Das Spiel der vollständigen Digitalisierung überlässt Renault gerne anderen. Für die Bedienung der Klimaautomatik, Sitzheizung und Co. stehen intuitiv bedienbare Tasten, Knöpfe und Regler zur Verfügung.
Die verwendeten Materialien wissen ebenso zu gefallen wie die Verarbeitung. Auch auf schlechten Straßen knistert oder klappert nichts. Alles prima also? Zumindest vorne. Im Fond wird es für große Menschen etwas eng, hier bieten einige Mitbewerber mehr Platz. Das gilt auch dann, wenn die längsverschiebbare Rücksitzbank in ihrer hintersten Position einrastet. Dann beträgt das Kofferraumvolumen 422 Liter. Je nach Stellung der Bank kann er auf 536 Liter vergrößert werden.
Wacher Motor, teils lahmes Getriebe
Weiter vorne sind es 1,33 Liter. Das ist der Hubraum des in einer Allianz mit Daimler entwickelten Vierzylinder-Benziners, den auch Renault in verschiedenen Leistungsstufen anbietet. Im Testwagen stand er als TCe 155 bereit (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 5,7-5,5 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 129-125 g/km²). Die Zahl in der Typbezeichnung übertreibt dabei nur minimal. 154 PS leistet der Benziner, sein maximales Drehmoment liegt bei 270 Newtonmetern. Schon auf den ersten Kilometern entpuppt er sich als Verwöhnprogramm im Renault Captur.
Aus jeder Drehzahl- und Geschwindigkeitslage heraus übersetzen der Motor und das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe einen schweren Fuß auf dem Gaspedal flink in Vortrieb. Das Zusammenspiel passt also. Nur nach dem Anlassen braucht das Getriebe, das mit Shift-by-Wire-Technologie arbeitet, etwas zu lang, um eine Fahrstufe einzulegen.
Sparsam im Alltag
Zeit, die man beim Tanken wieder hereinholt. Denn allzu oft muss man mit dem Renault Captur TCe 155 die Säule nicht ansteuern. Im Testalltag flossen 6,7 Liter auf 100 Kilometer aus dem 48-Liter-Tank. Das ermöglicht rechnerisch gut 700 Kilometer Reichweite. Der real erfahrene Verbrauch liegt zwar über dem Normwert, darf aber angesichts der Spritzigkeit des Antriebs als beachtlich gelten.
In der höheren Ausstattungslinie Intens, die beim stärksten Benziner im Captur-Modellprogramm zur Serienausstattung gehört, rollt der Renault auf 17 Zoll großen Leichtmetallrädern vor. Sie bieten einen guten Kompromiss. Das Auto liegt verbindlich auf der Straße und man spürt Rückmeldung vom Untergrund, die Abstimmung wirkt aber nie zu straff. So geht Komfort. Wenn jetzt die Lenkung, die um die Mittellage herum erst diffus wirkt und dann zu direkt anspricht, noch überarbeitet wird, gibt es keinen Grund zum Klagen. 25.588,23 Euro kostet der Renault Captur Intens TCe 155. Angesicht der guten Ausstattung mit Klimaautomatik, Einparksensoren an Front und Heck, Verkehrszeichenerkennung und Spurhaltewarner ist er damit ein faires Angebot – auch im Vergleich zur wachsenden Konkurrenz aus Europa und Asien.
Fazit
Der Renault Captur II kam 2020 in neuer Generation auf den Markt. Als City-SUV (jetzt ist dieses Unwort doch noch gefallen!) fährt er auf der Höhe der Zeit. Mit dem großzügigen Innenraum und dem gebotenen Fahrkomfort zitiert er aber auch die Marketing-Vergangenheit. Denn er ist ein gutes „Auto zum Leben“.
Technische Daten*
- Modell: Renault Captur TCe 155 Intens
- Motor: Vierzylinder-Benziner 1.333 ccm
- Leistung: 113 kW / 154 PS bei 5.500 U/min
- Drehmoment: 270 Nm bei 1.800 U/min
- Antrieb: Frontantrieb, 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
- Verbrauch kombiniert: 5,5-5,7 l /100 km²
- CO2-Emissionen kombiniert: 129-125 g/km²
- Beschleunigung (0–100 km/h): 8,6 s
- Höchstgeschwindigkeit: 202 km/h
- Abmessungen (L/B/H): 4,23 m/1,80 m/1,58 m
- Gewicht: ca. 1.340 kg
- Grundpreis Renault Captur TCe 155 Intens: 25.588,23 Euro
*Herstellerangaben