Der Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200 auf einen Blick
- Die sechste Generation kommt als Hybrid-SUV daher
- 199 PS, bis zu 230 Nm Drehmoment, Vmax 175 km/h
- Sieben Sitze ohne Aufpreis
- Optional mit Allradlenkung und Matrix-Licht
- Startpreis ab 43.500 Euro
Van oder doch nur ein SUV: Der Espace kämpft mit seiner Identität
Kochen können sie die Franzosen. Und Autobauen – oftmals – auch. Bestes Beispiel ist der Espace. Mit diesem Automobil hatte Renault Mitte der 1980er-Jahre etwas Besonderes angerührt: Die erste Großraumlimousine für die Familie mit Einzelsitzen wie in einem Bus. Der Kundschaft hat das Raumschiff geschmeckt. 1,2 Millionen Exemplare wurden seitdem verkauft. Im Herbst rollt die mittlerweile sechste Generation in den Handel. Ein Espace im SUV-Format. Eine Frage des guten Geschmacks? Aber schauen wir uns das Sieben-Gänge-Menü der Franzosen erst einmal genauer an (Renault Espace, Kraftstoffverbrauch kombiniert: 4,9-4,6 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 111-105 g/km)².
Der Gruß aus der (Design-)Küche ist die Armauflage in der Mittelkonsole, die an einen Schubregler im Flugzeug-Cockpit erinnert. Sinnlos, weil bedeutungslos für den Betrieb und ein Raumschiff ist der neue Espace auch nicht mehr, weil er um knapp 15 Zentimeter geschrumpft wurde. Der Schubregler ist trotzdem cool – macht Appetit auf mehr.
Kaum zu glauben, der Siebensitzer kostet keinen Aufpreis
Das Appetithäppchen: Was ist der neue Espace eigentlich? Auf jeden Fall kein Van mehr, diese Art der Familien-Raumkreuzer waren zum Schluss keine großen Verkaufsschlager mehr. Die mittlerweile sechste Generation des Franzosen kommt deshalb mehr als ein großes, 4,72 Meter langes SUV daher. Im Grunde genommen ist der Espace nichts anderes als der neue Austral, nur größer. Also unterm Strich leider wieder nur ein weiterer Pseudo-Stadtgeländewagen. Das ist so wie mit Leberkässemmeln. Auch wenn man sie mag, beim täglichen Genuss werden sie schnell langweilig.
Die Vorspeise: Viel Platz bietet der Espace trotzdem. Sogar für eine dritte Sitzreihe. Hier zeigen sich die Franzosen auch preislich generös. Denn der Siebensitzer kostet ausnahmsweise mal keinen Aufpreis. Nur geeignet für Kleinkinder, vielleicht sogar auf Langstrecken, denn hier hinten gibt es sogar USB-Anschlüsse für Tablets. Der Kofferraum schrumpft dann aber auf karge 159 Liter. Maximale Flexibilität bietet dafür die um bis 22 Zentimeter verschiebbare Rückbank. Wer alle Sitzmöglichkeiten platt macht, der hat mit 1.714 Litern ordentlich Platz, beim Fünfsitzer sind es sogar bis zu 1.818 Liter.
Interieur und Cockpit: Das Auge isst mit
Weiter geht es mit dem Zwischengang oder wie man im süddeutschen Raum sagt: der Magentratzer. Insgesamt 774 Quadratzentimeter Bildschirm bietet der neue Espace, das optionale Panoramadach misst 1,1 Quadratmeter. Das ist großzügig - da kann man schon mal staunen. Der Innenraum ist im Vergleich zum Vorgänger zwar kleiner geworden, wirkt aber durch das (leider nicht zu öffnende Glasdach) viel luftiger. Das Cockpit überzeugt durch Übersichtlichkeit und Einfachheit in der Bedienung. Renault setzt hier auf Google – was vor allem beim Navi kein Schaden ist.
Der Hauptgang: Früher war Antrieb einfach: Benziner oder Diesel, Schalter oder Automatik, Front oder Heck? Das höchste der Gefühle war Allrad. Mit Hybrid-Antrieben wurde es komplexer mitunter richtig kompliziert. Und die von Renault setzen tatsächlich noch einen drauf. Drei Motoren, 15 Antriebsstufen – der französische Full-Hybrid ist eine echte Wundertüte. Da wäre zum einen der lediglich 1,2-Liter große Reihen-Dreizylinder mit Turboaufladung. Im Getriebe steckt ein zusätzlicher großer Elektromotor (50 kW), dazu kommt eine kleine E-Maschine (Starter-Generator mit 18 kW) und eine 1,7 kWh starke Hochleistungsbatterie. Die Leistung wird über das kupplungslose Multi-Mode-Getriebe an die Vorderachse gebracht. Macht am Ende eine rund 199 PS starke Kraftbrühe, die, je nach Fahrmodi, von 205 bis 230 Newtonmeter Drehmoment garniert wird.
7,4 Liter Verbrauch: das ist Schonkost, die nicht den Geldbeutel schont
Der Antriebsstrang ist bereits aus dem Austral bekannt und kann sowohl als serieller Hybrid arbeiten, aber auch ein paralleler Betrieb ist möglich. Das heißt: Das Auto fährt, wenn es geht, kürzere Strecken rein elektrisch. Steigt die Leistungsanforderung, produziert der Verbrenner über den Generator zusätzlichen Strom. Und wenn es richtig zur Sache geht, dann schiebt der Benziner ebenfalls mit an. Das Antriebsmenü wurde auf reine Effizienz getrimmt, deshalb braucht der Espace auch 8,8 Sekunden von null auf 100, bei Tempo 175 ist Schluss und Allrad gibt es auch keinen. Für echte Auto-Gourmets ist dieser Antrieb eher Schonkost. Die aber leider nicht den Geldbeutel schont. Auf unseren Testfahren genehmigte sich der Espace nicht die versprochenen 4,6 Liter. Es waren derer 7,4.
Das Dessert dreht sich um die süßen Dinge des Autofahrens. Zum Beispiel die 32 Fahrassistenzsysteme, die adaptiven LED-Scheinwerfer und die wirklich angenehme Hinterachslenkung. Sie reduziert den Wendekreis auf 10,4 Meter (VW Golf 8: 11,1 Meter). Damit lässt sich der Espace trotz seiner Länge kinderleicht auch in enge Parkhäuser bugsieren.
Fahrwerk und Antrieb: Das liegt uns schwer im Magen
Die Käseplatte: Kein französisches Menü ohne Käse. Im Land der Trikolore ein Genuss, hier jedoch großer Käse. Ein paar Dinge haben uns beim neuen Espace nicht geschmeckt und liegen uns noch schwer im Magen. Da ist zum einen das Fahrwerk: Querrillen schlagen zum Teil voll durch, beim Ausfedern schaukelt das Auto unangenehm nach - wie auf hoher See. Ebenso unharmonisch reagiert der Antrieb. Neben einer merklichen Anfahrtsschwäche funktioniert das Zusammenspiel zwischen E-Motoren und Verbrenner auch auf offener Straße nicht immer reibungslos.
Schon beim leichten Druck auf das Gaspedal hat das System Entscheidungsschwierigkeiten, wer jetzt eigentlich dran ist. Noch der E-Motor oder doch schon der Benziner, der sich ruckartig dazuschaltet und nach einer kleinen Gedenksekunde dann endlich den Gasbefehl annimmt. Aber das lässt sich sicher durch die Software noch verbessern. Denn generell ist der Antrieb nicht schlecht, zumal das sonst von solchen Antriebskonzepten bekannte hochtourige Jaulen des Motors unter Last-Anforderung fast völlig entfällt.
Erstes Fazit
Jetzt wäre ein Verdauungsschnaps nicht schlecht. Leider wirkt auch der Preis des Espace mit 43.500 Euro nicht wie ein Digestiv. Trotz seiner mehr als soliden Grundausstattung ist das nicht gerade wenig. Für die Top-Ausstattung Iconic werden dann schon 48.300 Euro aufgerufen. Deshalb fällt auch unser erstes Fazit eher durchwachsen aus. Weder Fisch noch Fleisch, weder Van noch SUV – so richtig angekommen ist der neue Espace noch nicht. Kein Auto für die wirklichen Automobil-Gourmets und auch Familien, die auf üppige Platzverhältnisse gehofft haben, kommen hier zu kurz. (Text: Rudolf Bögel | Bilder: Hersteller)
Technische Daten Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200*
Modell | Renault Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200 |
Motor | 1,2 Liter-Reihendreizylinder + E-Motoren |
Leistung Verbrenner | 96 kW (131 PS) bei 5.600 U/min |
Drehmoment Verbrenner | 230 Nm bei 1.750 U/min |
Leistung E-Maschinen | 50 kW (68 PS) und 18 kW (25 PS) |
Drehmoment E-Maschinen | bis zu 205 Nm |
Systemleistung | 146 kW (199 PS) |
Verbrauch kombiniert | 4,9-4,6 l/100 km² |
CO2-Emissionen kombiniert | 110-105 g/km² |
Beschleunigung (0–100 km/h) | 8,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 174 km/h |
Abmessungen (L/B/H) | 4,72 m/1,84 m/1,65 m |
Gewicht (5-Sitzer) | ca. 1.659 kg |
Kofferraum (5-Sitzer) | 581–1.818 l |
Grundpreis | ab 43.500 Euro |
*Herstellerangaben