Zwei Drittel bis drei Viertel aller Twingo-Käufer sind Frauen, nicht eingerechnet die Fahrerinnen, denen der Wagen von ihrem Mann gekauft wurde. Der Rest sind junge Familien, mit "weniger als einem Kind" und ja, ein paar Männer in ihren Dreißigern fahren wohl auch Twingo; abgesehen von denen, die ihn nur für die Gattin in die Werkstatt bringen. Gefallen muss der Twingo also vor allem der Damenwelt und der war die nüchterne zweite Generation mit markanten Kanten wohl etwas zu männlich geraten.
Renault reagierte und hat dem überarbeiteten Twingo, der ab Januar 2011 beim Händler steht, femininere Gesichtszüge verpasst. Die serienmäßigen Nebelleuchten sind losgelöst vom Hauptscheinwerfer und wurden, kugelrund, darunter platziert. Dominiert wird die Front vom großen Markenzeichen, dem Rhombus; am Heck fallen die ebenfalls zweigeteilten Rückleuchten auf.
Niedlicher
So soll der französische Kleinwagen wieder niedlicher wirken, ähnlich der dem Kindchenschema folgenden ersten Generation. Dabei helfen sollen auch drei neue Lackfarben, Orchideenweiß, Türkisblau und das nicht zu übersehende Fuchsiarot. Daneben können auch Außenspiegel und Aluräder in verschiedenen Farben geordert und das Dach mit bunten Aufklebern oder Ralleystreifen verziert werden.
Wirkt der Twingo äußerlich verspielt und kindlich, so präsentiert sich das Cockpit doch recht erwachsen. Die verwendeten Kunststoffe und die Verarbeitung bieten keinen Anlass zur Kritik; zumindest in der von uns gefahrenen höchsten Ausstattungslinie Dynamique, die mit einer kunstledebezogenen Armaturentafel aufwartet. In den beiden Linien darunter, die leider nicht zur Verfügung standen, findet sich entsprechend mehr Plastik.
Grasmatte fürs Cockpit
Ausreichend Ablagen machen den Twingo praktisch; da die Instrumententafel mit digitalem Tacho mittig platziert ist, gibt es auch hinter dem Lenkrad eine große Ablagefläche. Die kann für 29 Euro mit einer Art Grasmatte bestückt werden, in der Kleinkram sicheren Halt finden soll. Außerdem gibt es einen Stiftehalter und eine Makeup-Box zum Einsetzen in den Cupholder.
Schick ist auch das optionale Glaspanoramadach, allerdings schränkt es die Kopffreiheit für großgewachsene Fahrer deutlich ein; ohne dieses Extra sitzt es sich deutlich bequemer. Auch in der Länge wäre genügend Platz da, könnte man ihn nur nutzen. Denn wer den Sitz weit nach hinten fährt, bekommt schnell Probleme, das nur in der Höhe verstellbare Lenkrad zu greifen. Außerdem ist die Sitzfläche deutlich zu kurz geraten. Der Seitenhalt der Gordini-Sportsitze gefällt dagegen.
Verschiebbare Einzelsitze
Im Fond geht es, hat man den beschwerlichen Einstieg hinter die vorgeklappten Vordersitze gemeistert, naturgemäß eng zu. Alle Twingos sind als Viersitzer ausgelegt, egal ob man die serienmäßige Rückbank mit ungeteilt umklappbarer Lehne oder die beiden verschiebbaren und getrennt umzulegenden Einzelsitze geordert hat. Das Kofferraumvolumen schwankt so zwischen 165 und 285 Litern, klappt man die Lehne um und in einem zweiten Schritt die gesamten Fauteuils in Richtung Vordersitze, stehen über 950 Liter zum Beladen bereit.
An den Start geht der Twingo mit drei Motorisierungen, einem 1,2-Liter-Vier-Zylinder mit 75 PS, dessen turbogeladene Version TCe 100 mit 102 PS (früher GT genannt) sowie einem 1,5 Liter großen Diesel, der 86 PS mobilisiert. Gut 90 Prozent aller Käufer werden sich für den 75-PS-Benziner entscheiden, der in allen drei Ausstattungsvarianten und auf Wunsch auch mit einem automatischen Schaltgetriebe statt der manuellen Fünf-Gang-Box erhältlich ist. Für unsere Testfahrt stand das Volumenmodell aber leider nicht zu Verfügung.
Unsere ersten Runde mit dem überarbeiteten Twingo drehten wir mit dem Diesel (erwarteter Marktanteil: drei Prozent) und dem 102-PS-Benziner, für den sich wohl gut fünf Prozent entscheiden werden und der in einer eigenen Ausstattungslinie "Gordini" vorfährt.
Sparsamer Diesel
Beide Motoren bringen den nur gut eine Tonne schweren Twingo zügig voran; vor allem die 200 Newtonmeter Drehmoment des Selbstzünders sorgen für verhältnismäßig flotten Antritt. Nach 11,2 Sekunden erreicht man damit Landstraßentempo und mit bis zu 185 km/h ist der Twingo dCi 85 auch durchaus autobahntauglich. Erfreuen werden sich vor allem Vielfahrer am Verbrauch: nur 3,4 Liter Diesel sollen auf 100 Kilometer verbrannt werden.
Die optisch auf Rennsemmel getrimmte und als einzige mit einem Drehzahlmesser ausgestattete Gordini-Version ist mit 5,7 Liter Durchschnittsverbrauch nicht wirklich sparsam und glänzt zudem nicht mit kraftvollem Durchzug. Seine 155 Newtonmeter liegen erst bei 3.500 Touren an, darunter passiert nicht viel; Tempo 100 lässt sich in knapp unter zehn Sekunden erreichen. Wie alle anderen Twingos hat auch der Gordini nur fünf Gänge und eine etwas unpräzise Schaltung, die nicht gerade zu den häufig nötigen Gangwechsel animiert.
ESP nicht serienmäßig
Schade, dass nur die wenigen Gordini-Käufer (14.200 Euro) vom serienmäßigen ESP profitieren. Alle anderen müssen den Schleuderschutz für 300 Euro extra ordern. Zwar ist der elektrische Lebensretter dank des ausgewogenen Fahrwerks nicht unbedingt nötig; ohne große Seitenneigung nimmt der Twingo Kurven gerne etwas flotter, nur die Lenkung dürfte etwas präziser sein. Doch sollte der Schleuderschutz, der übrigens für neu homologierte Fahrzeuge seit November 2011 Pflicht ist, einfach nicht fehlen.
Man müsste, so heißt es bei Renault, will man den Einstiegspreis von 9.900 Euro beibehalten, auf etwas Ausstattung verzichten, um das ESP standardmäßig zu verbauen. Doch würden die Künden dies nicht honorieren und sich lieber an den serienmäßigen elektrischen Fensterhebern, dem Tempomat oder dem neu eingeführten Bordcomputer erfreuen. Und auf die nicht zwingend nötigen, serienmäßigen Nebelleuchten kann man ob des neuen Designs auch nicht verzichten. Immerhin: Alle Twingos haben jetzt Seitenairbags.
Wolfsburger Konkurrenz
Den Preis inklusive ESP zu erhöhen, kam für Renault nicht in Frage, schließlich drängt die Konkurrenz aus Wolfsburg mit dem Up und seinen spanischen und tschechischen Ablegern in den Markt und dürfte das Kleinwagensegment spürbar aufmischen. Deutlich teurer zu sein als der 9.850 Euro kostende VW wäre ein K.O.-Kriterium für den Twingo; so fährt der Up zwar mit ESP, aber weniger Ausstattung vor.
Ab der Version Liberty (ab 11.800 Euro) kommen elektrisch einstellbare Außenspiegel, die beiden Einzelsitze im Fond, ein elektrisches Faltdach, wie es schon bei der ersten Generation verfügbar war, ein höhenverstellbarer Fahrersitz, höhenverstellbare Kopfstützen und ein CD-Radio dazu. Das Top-Modell Dynamique (ab 12.500 Euro) wird noch um eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung, eine Klimaanlage, 15-Zoll-Aluräder, die Kunstlederausstattung und getönte Fondscheiben ergänzt. Den Diesel gibt es übrigens nur in der besten Ausstattung, zu 15.500 Euro.
Kein Stopp-Start
Gegen den aktuellen Trend, verzichtet Renault nicht nur auf das serienmäßige ESP, sondern auch auf eine Stopp-Start-Automatik. Zwar lässt sich für den kleinen Benziner neuerdings ein Spritsparpaket für 200 Euro ordern, doch umfasst es nur ein verbessertes Thermomanagement, eine längere Getriebeübersetzung und rollwiderstandsoptimierte Reifen. Der Durchschnittsverbrauch sinkt so von 5,1 auf 4,5 Liter.
Dass man auf die imageträchtige Motor-Aus-Technik verzichtet, erklärt Renault mit geringem Potential. Die angewendeten Tricks würden den Twingo schon derart sparsam machen, dass man mit Stopp-Start den Verbrauch nicht mehr signifikant reduzieren könnte; dagegen würde das System aber freilich den Preis für das Eco-Drive-Paket erhöhen.
Leicht wird es der Twingo, der momentan auf Platz 2 der Zulassungsstatistik im Kleinwagensegment hinter dem Smart rangiert, angesichts der neuen Wolfsburger Konkurrenz sicher nicht haben. Immerhin kann er gegenüber dem Up aber mit verschiebbaren Einzelsitzen im Fond aufwarten. Zwei Trümpfe hat Renault nach eigener Aussage gegen den VW Up in der Hand. Zum einen meinen die Franzosen, mit der neuen Weiblichkeit die Twingo-Zielgruppe besser zu erreichen. Das mag gelingen, wirkt der Neue nun tatsächlich wieder etwas niedlicher. Zum anderen wuchern die Franzosen mit dem Pfund der Ausstattung. Ob allerdings Nebelleuchten und ein Tempomat wirklich mehr Wert sind als das ESP, bleibt abzuwarten.