Der Rolls-Royce Phantom auf einen Blick
- 5,76 Meter lange Luxuslimousine
- Twin-Turbo-V12 mit 571 PS
- Starlight-Dachhimmel mit über 1.300 LEDs
- Magic Carpet Luftfahrwerk
- Testwagenpreis über 677.000 Euro
Design | Abmessungen | Innenraum | Motor | Fahreindruck | Fazit | Technische Daten
Design: Wenn Geld keine Rolex spielt
Lassen wir für einen Moment alle weltlichen Sorgen hinter uns. Nehmen wir an, du hättest es nach allen Regeln unserer kapitalistischen Erziehung geschafft, genug Geld auf die Seite zu bringen, um ein Auto im Gesamtwert von über 677.000 Euro allein durch mickrige Zinserträge erwirtschaften zu können. Gesetz den Fall, du würdest dir dann einen Rolls-Royce Phantom zulegen wollen – würdest du ihn in „Pebble Paradiso“ lackieren lassen?
Nun, es kommt wahrscheinlich darauf an, wo du dann wohnst. In den Emiraten wird dieses 5,76 Meter lange Statement auf Rädern (der Phantom ist exakt einen Meter länger als ein gutbürgerlicher Skoda Kodiaq) nicht weiter auffallen – auf dem Discounter-Parkplatz in der deutschen Provinz lässt sich das aber kaum vermeiden. Man muss sie aushalten können, die teils nicht so gönnerhaften Blicke der Passanten. Besonders in der tristen Jahreszeit sticht der blaue Rolls aus der grau-silber-schwarzen Fahrzeugmasse heraus wie ein Nackter, der in der U-Bahn Trompete spielt.
Abmessungen: Gebaut für die gekieste Auffahrt
Und da es kaum zu vermeiden ist, dass einen die Leute beobachten, gilt es, sich auch zweimal zu überlegen, wo man den Phantom parkiert. Die Schmach, sich beim Einfädeln in eine gar nicht mal so kleine Parklücke zu blamieren oder gar eine der vier sündhaft teuren Winterräder im 21-Zoll-Format am Randstein anzufahren – undenkbar! Der Phantom, als das seltenste und exklusivste Rolls-Royce-Modell, ist ohnehin mehr für die gekieste Auffahrt oder das Rondell vor der Oper gebaut. Vorwärts rein, vorwärts wieder raus.
Man könnte annehmen, dass der überwiegende Teil der Rolls-Royce-Kundschaft sich eher fahren lässt, als selbst hinter das Lenkrad zu steigen. Doch weit gefehlt: Da die Fangemeinde der Spirit of Ecstasy in den letzten Jahren deutlich jünger geworden ist (China sei Dank), werden Ghost, Spectre, Cullinan und Phantom in aller Regelmäßigkeit auch ohne Chauffeur genutzt. Diesem Umstand hat Rolls-Royce Rechnung getragen, indem man ab 2018 „The Gallery“ in die traditionsreiche Luxuslimousine eingeführt hat.
Innenraum: Wenn der Dachhimmel mehr kostet als ein neuer Polo
Das hinter Glas platzierte Kunstarrangement ist vor allem von den beiden vorderen Sitzplätzen aus zu bestaunen und kann alles beinhalten, was einem lieb und heilig ist. Ob man sich nun für eine Art verschnuddelte Bettdecke entscheiden muss, sei dahingestellt. Aber Kunst darf bekanntlich alles – und teuer war es mit Sicherheit auch.
Generell ist es so, dass alles in diesem Auto seinen Preis hat. Die nicht gebrandete Rolls-Royce-Bespoke-Uhr: ein mittlerer vierstelliger Eurobetrag. Der Starlight-Dachhimmel mit über 1.300 LEDs: Wenn das eigene Sternzeichen abgebildet ist, dürfte dieser so teuer sein wie ein neuer VW Polo GTI. Ganz genau weiß man es halt nicht, denn außer dem horrenden Gesamtpreis werden keine Einzelpreise kommuniziert. Diskretion geht über alles. Einzig ein entscheidendes Detail ist bekannt: Rolls-Royce gibt keine Rabatte – an niemanden, egal wie viele Nobelkarossen die Kundschaft in England bereits bestellt hat.
Motor: Unter der Haube endet die Zurückhaltung
Anders als früher wissen wir heute allerdings sehr genau, was den Phantom antreibt. Unter der ellenlangen Motorhaube arbeitet ein 6,75 Liter großer Twin-Turbo-V12 mit 571 PS und beeindruckenden 900 Nm Drehmoment. Der Basis-Motor ist der N74 von BMW, wobei der Hubraum klarstellt, dass sich der Antrieb doch deutlich von dem unterscheidet, was man bis 2020 im Siebener bestellen konnte. Allrad gibt es maximal bei der Lenkung; die Antriebsleistung an sich wird einzig an die Hinterräder übertragen.
Eine ZF-Achtgang-Automatik übernimmt die Sortierarbeit und agiert dabei stets unmerklich im Hintergrund. Wer die Power-Reserve-Anzeige einmal unter die 80 Prozent wandern sehen möchte, betätigt am Lenkradwählhebel die „Low“-Taste und wird beim anschließenden Druck aufs Gaspedal sehr vehement ins Lederpolster gedrückt.
Fahreindruck: Nach dem Rolls-Royce Phantom kommt direkt der Privatjet
Damit es den Schampus in Reihe zwei nicht ganz so wild herumschwappt, setzt der Phantom auf eine adaptive Luftfederung mit zwei vorausschauenden Kameras. Durch diese wird der „Magic Carpet“ in Echtzeit und bis maximal 100 km/h auf die Fahrbahn vor dem Fahrzeug eingestellt – mehr Gleiten geht nur im Privatjet. Während die Hände seit dem 2022er-Facelift auf einem dicker gepolsterten Lenkrad (das sich spielend mit zwei Fingern bedienen lässt) ruhen und die Schuhe auf noblem Lammfell rasten, erfreuen sich die Augen an vielen kleinen Details.
Die Ohren bekommen über die 1.300 Watt starke Bespoke Soundanlage derweil „Sad But True“ von Metallica (kein Scherz, der Titel gehört zur Test-Wiedergabeliste von Rolls-Royce) in voller Lautstärke vorgesetzt und trotz dieser Superlativen gibt es eine Sache, die den Phantom erdet: Auch er muss ganz normal getankt werden. 100 Liter Super Plus reichen ihm für knapp 550 Kilometer.
Fazit
Doppelhaus in Vorstadtlage oder fahrende Kunstgalerie? Besser, man muss sich diese Frage gar nicht erst stellen, sondern hat einfach genügend Spielgeld für die eigene Bleibe (mit gekiestem Rondell) und mindestens einen Rolls-Royce. Der Phantom berührt die Sinne und zeigt durch seine unerschütterliche Machart, gerade in unserer heutigen, schnelllebigen Zeit, was wahrer Luxus bedeutet. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
Technische Daten
Modell | Rolls-Royce Phantom VIII |
---|---|
Motor | 6,75-Liter-V12-Twin-Turbo |
Leistung | 420 kW (571 PS) |
Drehmoment | 900 Nm |
Antrieb | Hinterradantrieb, 8-Gang-Automatikgetriebe |
Verbrauch kombiniert | 13,9 l/100 km |
CO₂-Emissionen kombiniert | 318 g/km |
Beschleunigung (0–100 km/h) | 5,3 s |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h (elektronisch begrenzt) |
Abmessungen (L/B/H) | 5,76 m / 2,02 m / 1,65 m |
Radstand | 3,55 m |
Wendekreis | ca. 13,8 m |
Kofferraumvolumen | 548 l |
Leergewicht | ca. 2.650 kg |
Zuladung | k.A. |
Grundpreis | ab ca. 477.000 Euro |
Testwagenpreis | über 677.000 Euro |