Bei unseren beiden Crossover-SUV der ersten Stunde waren eben noch echte Klettertalente gefragt. VW Golf Country und Subaru 1800 zogen aus, um die Bewohner von Wald und Flur trotz meterhoher Schneewehen oder unwirtlichen Schotterwegen mobil zu halten. Diesen Job übernehmen heute in der Regel hochbeinige Full-Size-Geländewagen mit Kaffeebecherhalter, die meist deutlich mehr können, als ihre Besitzer wissen und sich zutrauen. Und die zu Preisen jenseits von Gut und Böse verkauft werden. Ein Grund mehr, den Qualitäten der beiden Youngtimer auf den Zahn zu fühlen.
Golf Country: ein Szenegänger
Ein Golf für alle Fälle sollte es sein, einer der im Gegensatz zu GTI und Cabrio auch in schrägem Gelände eine gute Figur machte. Die 1988 geborene Idee des Allround-Golf wurde in ungewöhnlich kurzer Zeit bei Volkswagen in die Tat umgesetzt. Nur wenige Monate nach dem Vorstandsbeschluss war auf den ersten Messen das Modell Golf Montana zu bestaunen. Wenig später fiel der Startschuss für die Serienproduktion des inzwischen auf Golf Country umgetauften Allradlers.
Auf Basis des weiterhin gefertigten Golf syncro entstand in einer Verbundfertigung bei Steyr-Daimler-Puch in Österreich der hochgesetzte Gelände Golf. Dem vormontierten Golf wurde in der Alpenrepublik ein robuster Rohrrahmen unter das Blech geschraubt, der dann für sechs Zentimeter mehr Bodenfreiheit sorgte. Dazu gab es etwas Geländezierrat, wie einen stabilen Frontbügel, eine schwenkbare Reserveradaufnahme am Heck und heutzutage gesuchte Aufkleber mit angedeuteter Hügellandschaft für die Flanken. Schwarz-rote Heckleuchten sowie die vom GTI bekannten Radlaufverbreiterungen rundeten das Paket ab und ließen den Preis auf schon damals nicht mehr ganz volkstaugliche 32.275 DM anschwellen.
Abgespeckte Allround-Version
Ein Preis, der das Interesse der Kunden in engen Grenzen hielt, weshalb VW eine abgespeckte Version nachschob. In einem einfachen Waldgrün lackiert und mit Stahl- statt der sonst serienmäßigen Alurädern bestückt, sank der Grundpreis des "Allround" getauften Arbeitstieres auf rund 31.000 DM. Für diese Summe bekam man allerdings auch einen gut ausgestatteten Golf GTI, der den meisten Golf Käufern dann doch näher lag, als der exotische Country, dessen Existenzberechtigung sich bis zum Ende seiner Bauzeit 1991 nur wenigen Kunden wirklich erschloss.
Deutlich anspruchsvoller ausgestattet als der "allround", aber mit rund 42.000 DM auch erheblich teurer, präsentierte sich der Golf Country in der Boulevard-Racer-Optik des Chrom-Modells. Glänzender schwarzer Lack, verchromte Rammelemente nebst Alufelgen in Chromoptik und eine beige Ledergarnitur machten aus dem bis dato so rustikalen Förstermobil einen echten Blickfang. Gelände, nein danke. Doch die Kunden zögerten erneut und so blieb es weitgehend bei der Händler Erstbestellung, was den "Chrom" heute zu einer echten Rarität macht.
Gesunde Basis von Volkswagen
Auch wenn die Laufleistungen der meisten Country Gölfe mittlerweile astronomische Höhen erreicht haben dürften, hält sich der Wolfsburger Bergmeister erstaunlich gut. Sieht man einmal von Rostschäden durch Streusalzeinwirkung und Split ab, macht die Gelände-Golf-Karosse auch nach fast 25 Jahren eine hervorragende Figur. Die Qualität von Lack und Nahtabdichtungen war 1990 offenbar so gut, dass bei normaler Benutzung keine Probleme zu verzeichnen sind. Lediglich Exemplare, die im Gelände hart beansprucht wurden, rosten vor allem im Unterboden. Außerdem macht sich bei Autos mit dem optionalen elektrisch bedienbarem Soft-Faltdach aufgrund der geringeren Karosseriestabilität ein Reißen der Karosseriefugen bemerkbar. Die Folge: Wasser kann eindringen und das führt wiederum ebenfalls zu Rost.
Problemlos ist dagegen der Rohrrahmen, der als Schutz für den Karosserieunterboden und als Versteifung dient. Durchrostungen sind nicht bekannt und nur wenn schwerwiegende Verformungen sichtbar sind, senkt der TÜV den Daumen. Sofern der Gilb bei den Vorhangteilen, wie Türen und Hauben zugeschlagen haben sollte, kann Entwarnung gegeben werden. Diese sind komplett identisch mit denen jedes beliebigen Golf II und somit entsprechend preiswert beim VW Händler zu bekommen. Eine Tatsache, die auch auf den Innenraum zutrifft. Bis auf das Dessin der Sitzbezüge verbaute VW auch hier Standardware aus dem Sortiment des Millionensellers.
Technik für ein ewig‘ Leben
Vier Zylinder, 98 PS mit Digifant-Einspritzanlage und ein Fünfgang-Schaltgetriebe mit angeflanschtem Allradantrieb. Schon zum Zeitpunkt seines Stapellaufs schockte der Country seine Käufer nicht gerade mit einem Technikfeuerwerk. Ein Umstand der sich heute in der hohen Haltbarkeit der Komponenten bemerkbar macht. Motorschäden? Fehlanzeige.
Außer dem üblichen Verschleiß (defekte Gummischläuche, undichte Einspritzanlagen und alternde Lambdasonden) kann dem Langhuber (1.800 ccm), der in ähnlicher Form auch im Golf GTI eingesetzt wurde, kaum etwas nachgesagt werden. Laufleistungen von deutlich über 200.000 Kilometer sind die Regel und geht doch einmal etwas kaputt, ist der Ersatz preiswert.
Solide Allradtechnik
Weniger kostengünstig, aber ebenso robust ist der Antriebsstrang. Die für den Allradantrieb notwendige Viscokupplung sitzt wartungsfrei an der durch einen Stahlkäfig geschützten Hinterachse und macht am wenigsten Ärger. Eher schon die etwas unterdimensionierte Kupplung oder die mit zahlreichen Gummibuchsen aufwändig gelagerte Hinterachse mit Einzelradaufhängung. Sie gilt ab 200.000 km als verschlissen und sollte neu verbuchst werden. Ein guter Moment, dann auch die Stoßdämpfer samt Domlager zu wechseln.
Diese Bauteile sind in der Regel nach 23 Jahren reif für den Schrott. Nach einem Austausch fährt der Country Golf nicht nur deutlich ruhiger, auch das Geklapper aus den Achsen nimmt spürbar ab. Kardanwelle und Hauptgetriebe sind dagegen ähnlich robust wie der Motor. Einzig, wenn der Country ohne Rücksicht auf seine bescheidene Anhängelast von 1.500 kg als Zugpferd missbraucht wurde, kommt es zu frühzeitigem Verschleiß, was sich durch Mahlgeräusche aus dem Antriebsstrang sowie durch eine schlechte Schaltbarkeit des Getriebes bemerkbar macht.
Einer boxt sich durch
Anders als der Volkswagen Golf Country kam der Subaru 1800 bereits Mitte der 80er Jahre auf die Welt. Sein Erfolg lag vor allem in der robusten Technik begründet, die den Ruf der Unzerstörbarkeit genießt. Wenn auch seine Konstruktion mit einem Vierzylinder-Boxermotor und dem Allradantrieb in Deutschland zunächst nur auf wenig Gegenliebe stieß, war es Mitte der 80er Jahre gerade die Vielseitigkeit, die vor allem den Kombi zu einem Verkaufserfolg werden ließ. Einen geländegängigen PKW mit familientauglicher Ausstattung und brauchbaren Manieren auf der Straße hatte es zuvor in diesem Preissegment nicht gegeben.
Mit einer Motorleistung zwischen 90 und 136 PS lag der als Coupé, Limousine und Kombi erhältliche Subaru zwar stets etwas hinter seinen Konkurrenten, überzeugte aber im Alltag durch sein hohes Maß an Zuverlässigkeit und seine einfache Bedienung. Der ausgereifte Allradantrieb wurde bei den meisten Ausführungen per Knopfdruck zugeschaltet und erlaubte dem Subaru auch mittelschwere Geländepassagen. Eine ungewöhnlich hohe Bodenfreiheit, ein sperrbares Hinterachsdifferential und eine optionale Geländeuntersetzung sorgten für zusätzliche Bewegungsfreiheit im Gelände. Mit der Einführung des deutlich luxuriöseren Legacy im Jahr 1994 endete bei Subaru allerdings die Ära des praktischen und robusten Allrounders.
Exotische Technik ohne Starallüren
"Er läuft und läuft und läuft" war einst das Motto des ebenfalls mit einem Boxermotor versehenen Volkswagen Käfers und offenbar hat das Wolfsburger Krabbeltier den Stab an den Japaner weitergegeben. Sein wassergekühlter 1,8 Liter-Aluminium-Boxermotor ist von einer ähnlich bestechenden Zuverlässigkeit, wie der des Käfers. Der zu Beginn seiner Karriere noch mit einem Vergaser ausgerüstete Subaru-Motor gilt als nahezu unzerstörbar. Gelegentliche Ölundichtigkeiten am Motorblock sind dabei eher ein Schönheitsfehler, denn ein wirklicher Mangel. Auch der Riss des Zahnriemens (Wartungsintervall beachten) führt nicht zum Motorschaden, denn der Boxermotor ist so konstruiert, dass sich die Kolben und Ventile trotz verstellter Steuerzeiten nicht berühren können (Freiläufer).
Eine robuste Elektrik sorgt dafür, dass auch in Sachen Gemischaufbereitung keine Probleme entstehen. Die ab Mitte der 80er Jahre eingesetzte Einspritzanlage ist auch nach über 20 Jahren als problemlos einzustufen. Gelegentlich undichte Dichtringe an den Einspritzdüsen sind bisweilen die Ursache für unzureichende Laufkultur und zu hohen Schadstoffausstoß. Ein Problem, was der ohne Katalysator angebotenen Vergaserversion naturgemäß fremd ist, wenngleich diese Fahrzeuge kaum noch am Markt anzutreffen sein dürften.
Unbegrenzte Haftung
Mit dem Subaru kam erstmals die Technik des schnell laufenden Allradantriebs in einem PKW in größerer Stückzahl nach Europa. Alle Befürchtungen, der Antrieb aller Räder könne auf Dauer kaum zuverlässig funktionieren, strafte Subaru Lügen. In den meisten 1800er Modellen ist der Allradantrieb zwar nur zuschaltbar, doch seine absolute Problemlosigkeit macht diesen Nachteil mehr als wett.
Das simple Fünfgang-Getriebe, das im Regelfall die Kraft an die Vorderräder leitet, verfügt über eine Klauenkupplung, um auf Wunsch des Fahrers auch die Hinterachse anzutreiben. Die Haltbarkeit dieser Konstruktion ist aufgrund ihrer robusten Ausführung nahezu unbegrenzt, ebenso wie die der zuschaltbaren formschlüssigen Hinterachssperre. Mit ihr wird das Durchdrehen eines Hinterrades vermieden und der Subaru klettert wie eine Gemse auch in schwierigem Terrain. Zahlreiche Modifikationen im Detail sorgten für eine ständige Optimierung der Antriebstechnik bis hin zum Einsatz eines permanenten Allradantriebs mit Automatikgetriebe im Spitzenmodell Subaru XT.
Einfach und vergänglich
Wenn dem Subaru etwas zusetzt, dann ist es der Zahn der Zeit, gepaart mit den unwirtlichen Einsatzbedingungen und einem eher lockeren Verhältnis seiner Besitzer zur Lackpflege. Subaru hatte bereits mit dem Vormodell Mühe, die Vorstellungen seiner Käufer hinsichtlich der Rostvorsorge zu erfüllen. Zwar besserte sich dies bei dem letzten 1800-Modell, doch knapp 20 Jahre nach Produktionseinstellung zeigen sich viele der Fahrzeuge in stark angegriffenem Zustand.
Besonders betroffen sind dabei Modelle, die aus Regionen mit starkem Streusalzeinsatz kommen. An ihnen greift die braune Pest gierig nach jeder Beschädigung der schützenden Lackschicht. Hinzu kommt, dass Subarus oft wenig Schonung im Geländeeinsatz erfuhren und somit auch Beschädigungen am Unterboden aufweisen. Diese sind nur unter hohem Kostenaufwand instand zu setzen, was angesichts des geringen Fahrzeugwertes kaum lohnt.
Golf und Subaru im Kostenvergleich
Lange waren unsere beiden Probanden einfach nur alte Gebrauchtwagen. Doch so langsam wächst am Markt das Interesse an der Gattung der SUV-light-Modelle. Seit auch die Autohersteller das Thema "Crossover" für sich entdeckt haben, klettern die Preise für die Begründer dieser Gattung. Im Falle des 7.735 mal produzierten Golf Country liegen erste Top-Exemplare bereits deutlich über 5.000 Euro. Das besonders gesuchte Chrommodell kann mit geringer Laufleistung noch einmal einen Zuschlag von bis zu 2.000 Euro erfordern.
Einen Betrag, den man als Interessent ruhig investieren sollte, denn zum einen erfordert der mit einem nachgerüsteten Kaltlaufregler als Euro 2 eingestufte Golf in Sachen Unterhalt nur geringe Zuwendung, zum anderen ist eine Wertsteigerung bei gut erhaltenen Exemplaren garantiert.
Ein Effekt, von dem der Subaru vermutlich nur träumen darf. Er ist in der Anschaffung günstiger, als der Golf, versprüht aber deutlich weniger Charme und bietet weniger Wertsteigerungspotential. Ihn in gutem Zustand zu halten ist durch die Ersatzteilsituation zudem schwierig, denn viele Teile sind ausschließlich beim Subaruhändler erhältlich, was die Kosten nach oben treibt.
Hinzu kommt das die meisten Modelle lediglich mit Euro 1 eingestuft werden und Umschlüsselungen durch Subaru nie vorgenommen wurden. So bleibt dem sympathischen Boxer aus Japan nur der Trost mit seinen drei Karosserieversionen die größte Auswahl zu bieten und so selbst Coupé-Liebhaber mit Allradfaible sicher auf die nächste Hütte zu bringen. Golf Country und Subaru 1800 sind sicher kein vollwertiger Geländewagenersatz, doch wenn es darum geht zur nächsten Skihütte zu gelangen, beweisen beide erstaunliche Talente. Die robuste Technik hält bis heute durch und macht deutlich, dass weniger Aufwand eben manchmal auch mehr sein kann. So machen die beiden Allradler auch heute noch das automobile Bergwandern zu einem bezahlbarem Vergnügen.