Aufschließen, reinsetzen, losfahren. Was nach profanem Autofahreralltag klingt ist in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich. Immer komplizierter muten die Bediensysteme an, immer umfangreicher ist das Informationsangebot, mit dem man als Lenker eines modernen Kfz zurechtkommen muss. Und dann stehst du vor dem mindestens 37.490 Euro teuren Toyota RAV4 (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 5,8-5,7 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 132-129 g/km)². Jenem Hochbeiner, der vor gut 28 Jahren das Kompakt-SUV-Segment mit begründet hat und der sich stetig neu erfunden hat.
Mittlerweile ist vom kompakten Allradler von einst (als Dreitürer der 1. Generation nur 3,72 Meter lang) kaum mehr etwas übrig geblieben, dagegen liefern die Japaner ein stattliches Familienauto mit 4,60 Meter Länge, das betont keine Fragen aufwirft. Eben: Aufschließen, reinsetzen, losfahren. Dabei bietet der Toyota RAV4 heute technische Gimmicks, die zum Glück überwiegend im Hintergrund agieren. Als Musterbeispiel dafür gilt der ausgeklügelte Vollhybrid-Antrieb, der neben dem Plug-in-Hybrid die einzig wählbare Motorisierung stellt. Reine Benziner gibt es in Deutschland keine mehr, einen Selbstzünder hatte man in der seit 2019 erhältlichen fünften Generation erst gar nicht angeboten.
Warum auch? Bei einem alltagsnahen Durchschnittsverbrauch von 5,9 Liter auf 100 Kilometer stellt sich die Frage nach einem Diesel kaum. Wer es im innerstädtischen Verkehr betont zurückhaltend angehen lässt, schafft auch weniger. Maximal 164 kW/222 PS leistet die hier getestete Allrad-Version des Vollhybrid-Systems im Toyota RAV4, wobei es der 2,5 Liter-Saugmotor für sich genommen auf 131 kW/178 PS bringt. Ihm zur Seite stehen bei der 4x4-Variante gleich zwei Elektromotoren mit 88 kW/120 PS an der Vorder- und 44 kW/60 PS an der Hinterachse. Das durchaus komplexe Wechselspiel aus Verbrenner und E-Antrieb ist für den Fahrer dabei kaum merklich, denn alle Komponenten greifen äußerst verschliffen ineinander.
Die Kraftübertragung erfolgt derweil über ein stufenloses CVT-Getriebe, welches sich hervorragend zum Gleiten, aber weniger für sportliche Fahreinlagen eignet. Der sonst sehr leise Vierzylinder hebt insbesondere beim Durchbeschleunigen, etwa beim Einfädeln auf die Autobahn, unangenehm seine Stimme, wobei der entstehende, insgesamt verhaltene Vortrieb nie die Geräuschkulisse rechtfertigt. Also lieber wieder runter vom Gas und die Elektromotoren die Arbeit erledigen lassen.
Wann immer es geht, wird der Benziner abgeschaltet, wird gesegelt oder gestromert. Eine rein elektrische Reichweite gibt Toyota für den RAV4 zwar nicht an, dennoch reicht die kleine 1,9 kWh große Nickel/Metallhybrid-Batterie im Idealfall für mehrere emissionsfreie Kilometer und drückt in jedem Fall den Spritverbrauch. Ansonsten geht das Kompakt-SUV der Japaner als betont einfach zu fahren durch, ist sehr angenehm gefedert, bietet eine ausreichend direkte Lenkung und standfeste Bremsen. Ja selbst die Übersichtlichkeit geht in Ordnung, was uns an dieser Stelle in den Innenraum führt.
Selten ist es geworden, dass man als Autobeschreiber über Stoffsitze berichten darf und so tun wir dies an dieser Stelle mit großer Freude. In der hier gefahrenen „Team-Deutschland“-Variante (ab 46.490 Euro) rollt der RAV4 nämlich mit jenem angenehmen Polster vor, dass im Sommer keine übermäßige Hitze und im Winter kaum langanhaltende Kälte aufnimmt. Geheizt wird das Gestühl vorne mittels Sitzheizung, deren Schalter selbst mit den dicksten Winterhandschuhen bedient werden können.
Das wiederum ist auch nach dem kleinen Facelift so geblieben, dass zum Modelljahr 2023 einige Neuerungen beim Infotainment sowie den Assistenzsystemen parat hält. Wenngleich das Pressefahrzeug des letzten Modelljahres noch mit dem kleineren Bildschirm vorfährt, zeigen sich im Konfigurator bereits der hochauflösende 10,5-Zoll-Monitor sowie die nunmehr volldigitale Instrumentenanzeige hinter dem Lenkrad. Einen neuen Sprachassistenten soll es ebenfalls geben, genauso wie Cloud-basierte Navigationsdaten. Gleichermaßen neu ist die kabellose Anbindung von Smartphones via Android Auto und Apple CarPlay.
Das allerdings soll nicht heißen, dass das nunmehr alte System schlecht wäre. Radiosender suchen, Navigationsdaten eingeben oder das Telefon verbinden funktioniert auch Stand heute weitestgehend problemlos
Nichts ändern wird sich mit dem Mini-Facelift hingegen am sehr üppigen Platzangebot des RAV4. Vorne wie hinten sitzt es sich selbst mit über 1,90 Meter bequem, das Gestühl ist langstreckentauglich (aber insgesamt etwas zu hoch montiert) und der rund 580 Liter große Kofferraum schluckt allerhand Urlaubsgepäck. Wer die Rücksitzbank umlegt erhält ein Ladevolumen von bis zu 1.690 Liter und wem das immer noch nicht reicht kann Anhänger mit bis zu 1,65 Tonnen an den Haken nehmen. Die maximale Dachlast beträgt übrigens 85 Kilogramm.
Aufschließen, reinsetzen, losfahren. Toyota zelebriert auch beim aktuellen RAV4 die Lehre des einfachen Autofahrens und so sind die Hürden sich hinter das Steuer des SUV zu setzen betont niedrig. Der Vollhybrid überzeugt indes durch seinen geringen Alltagsverbrauch, der Fahrkomfort ist gut und auch die Platzverhältnisse gefallen. Mit dem nun verfügbaren Mini-Infotainment-Facelift 2022 scheint auch die Bedienbarkeit weiter dazugewonnen zu haben. (Text und Bild: tv)
*Herstellerangaben