Dennoch: mit Allradantrieb, etwas mehr Bodenfreiheit und starken Dieselmotoren sind sie für die alltäglichen Abenteuer zwischen Großstadt-Boulevard und Feldweg bestens gerüstet. Sieht man sich die Zulassungsstatistiken der vergangenen Jahre an, könnte man meinen, die Deutschen seien ein Land der Jäger und Sammler, das tagein, tagaus im Wald unterwegs ist; zumindest deutet die anhaltende Nachfrage nach SUV darauf hin. Dass allerdings kaum dieser Mehr-oder-weniger-Offroader jemals die asphaltierten Wege verlässt um derer neue zu erkunden, spiegelt die Statistik freilich nicht wider.
Aber: Muss es immer gleich ein Zweieinhalb-Tonnen-Blechkollos sein, oder reicht, wenn es denn unbedingt Offroad-Feeling braucht, nicht auch ein etwas robusterer Kombi? Zwei Vertreter des SUV-light-Segments traten in unserem Vergleich an, uns diese Frage zu beantworten. Mit eindeutigem Ergebnis.
Erprobtes Konzept
Das Konzept eines auf Abenteuer getrimmten Kombis hat Audi schon beim A6 erfolgreich erprobt und schließlich auch auf den kleineren A4 angewendet. Die Rustikal-Variante ist 37 Millimeter höher als der normale A4 Avant, kommt serienmäßig mit Allradantrieb daher und trägt graue Plastikplanken, die aber weniger dem Schutz des Fahrzeugs denn der Optik dienen – diesen Zweck aber erfüllen sie und lassen den Allroad durchaus robust erscheinen.
Auf den ersten Blick etwas mehr nach SUV sieht der BMW X1 aus, doch handelt es sich auch hier um optische Täuschungen. So baut der Münchner gerade mal viereinhalb Millimeter höher als der Audi und auch unter seinem auf Feldweg-Optik getrimmten Blechkleid steckt eigentlich ein Kombi, genauer gesagt die Allrad-Plattform des 3er Touring. Der Allradantrieb selbst kostet beim X1 allerdings Aufpreis, serienmäßig rollt der BMW mit Heckantrieb vom Band in Leipzig.
Deutlich mehr Platz
Die paar Millimeter, die der X3 den A4 in der Höhe übertrifft, macht der Audi um ein Vielfaches bei der Länge wieder wett. Mit 4,72 Metern ragt er fast 30 Zentimeter weiter aus der Parklücke heraus, als der BMW; apropos Einparken: auch in Sachen Übersichtlichkeit kann der Ingolstädter punkten. Der zusätzliche Platz kommt sowohl den Fondpassagieren als auch dem Gepäck zu Gute. Im Audi sitzt es sich auch auf der Rückbank recht kommod, im X1 stößt man hingegen schnell mal mit den Knien an den Vordersitzen an. Und mit 420 Litern passen auch 70 Liter weniger in den BMW-Kofferraum als in den A4; auch bei umgeklappter Rückbank macht der X1 den Rückstand nicht wett.
Nicht nur, dass man im Allroad mehr Platz hat. Der Audi lullt Fahrer und Gäste auch mit piekfeiner Verarbeitung und angenehm anzufassenden Materialien ein. Bei BMW hingegen hat man wohl zu sehr mit wahren Geländewagen alter Schule geliebäugelt, entsprechend grob wirkt das nüchterne, übrigens vom alten Einser bekannte Interieur. Die Materialien, allen voran das reichlich verbaute Hartplastik, wie auch die Verarbeitung wollen nicht so recht zum Premiumanspruch der Landeshauptstädter passen.
Zwei Zentner Unterschied
In Sachen Wohlfühlambiente und Platzangebot verweist der Audi den BMW auf den zweiten Platz. Geht es aber um die Fahreigenschaften, kauft der X1 dem Allroad – wenn auch nur kanpp – den Schneid ab. Und das liegt nicht allein daran, dass sein Zwei-Liter-Dieselmotor mit 177 PS sieben Pferdestärken mehr leistet als der ebenfalls zwei Liter große Selbstzünder im Audi; und auch beim Drehmoment liegen beide gleichauf, 350 Newtonmeter stehen hier wie da bei 1.750 Umdrehungen parat.
Das Plus an Dynamik, das der X1 an den Tag legt, liegt zum einen an seiner deutlich strafferen Federung, die ihn auch in flotten Kurven kaum wanken lässt. Die präzise Lenkung unterstützt den Fahrer beim perfekten Kurvenstrich und die optionale Performance Control vermeidet durch ESP-Eingriffe am kurveninneren Hinterrad jeglichen Versuch zu Untersteuern. Zum anderen muss der BMW rund 100 Kilogramm weniger schleppen, als der Allroad.
Lieber zur Automatik greifen
In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Der X1 beschleunigt mit einer Sprintzeit von 8,4 Sekunden eine halbe Sekunde schneller auf Tempo 100 als der Audi, auf die Höchstgeschwindigkeit wirkt sich das Mindergewicht dagegen nicht aus, beide laufen laut Fahrzeugschein 213 km/h. Und auch wer das BMW-typisch etwas knorpelig zu schaltende, manuelle Getriebe durch die zwar über 2.000 Euro teure, dennoch aber empfehlenswerte Sechs-Gang-Automatik ersetzt, fährt dem Audi beim Standardsprint noch davon.
Den Vorsprung, den der handgeschaltete BMW an der Zapfsäule hat - beide Fahrzeuge haben übrigens eine Stopp-Start-Automatik serienmäßig an Bord–, macht der Wandlerautomat allerdings zunichte. Von 5,8 auf 6,2 Liter Diesel je 100 Kilometer steigt der Verbrauch durch den Komfortgewinn und damit auf das gleiche Niveau wie der A4. In der Praxis lag der Verbrauch beiderseits übrigens rund eineinhalb Liter über der Normangabe.
Laufruhiger TDI
Der Audi A4 Allroad ist anders als der BMW ausschließlich als Handschalter verfügbar, was aber in Anbetracht der superpräzsien Sechs-Gang-Box kein Nachteil sein muss. Eine Automatik könnte höchstens die leichte Anfahrschwäche des 170-PS-Vierzylinders ausmerzen. Dafür läuft das TDI-Aggregat kultivierter und vor allem leiser, als der durchaus gut hörbare BMW-Diesel.
Und: Auch wenn der X1 in Sachen Dynamik die Schnauze knapp vorne hat, so braucht sich der Audi dennoch nicht verstecken. Vor allem in Sachen Lenkpräzision steht er dem Münchner in kaum etwas nach, zumal das Audi-Volant deutlich leichtgängiger ist – ob das gefällt, hängt aber bekanntlich von der persönlichen Vorliebe ab.
Mehr Komfort auf schlechten Straßen
Was auf jeden Fall gefällt, ist der höhere Federungskomfort: Schlechte Straßen liegen dem Ingolstädter deutlich mehr als dem teilweise etwas hölzern wirkenden BMW. Und Fahrdynamik hin oder her, die Insassen werden es dem Allroad danken. Zumal dieser auf Wunsch mit dem adaptiven Fahrwerk Drive Select geordert werden kann, was dem Fahrer die Möglichkeit gibt, in drei Stufen die gewünschte Abstimmung einzustellen.
Eine nette Spielerei, auf die aber getrost verzichtet werden kann: in der Regel wird man wohl meist nur den Comfort-Modus nutzen. Und den muss man nach jedem Motorstart neu aktivieren, da standardmäßig die Normal-Einstellung vorgesehen ist. Ebenso verzichten kann man beim BMW auf das Sportfahrwerk, das den X1 noch straffer macht.
Mehr Pkw als SUV
Allein die Tatsache, dass solche Optionen angeboten werden, zeigt aber, dass Audi A4 Allroad und BMW X1 zwar irgendwie zu den SUV gehören wollen, aber eigentlich viel mehr Pkw sind als Off- oder zumindest Softroader. Und das ist auch gut so, denn dort, wo die beiden Unterwegs sind, ist zum einen ein SUV mehr als überqualifiziert und zum anderen ein Pkw deutlich im Vorteil. Denn den Bordstein vor dem Kindergarten und den Feldweg zum Schrebergarten meistern auch die Robust-Kombis problemlos und in ihrem hauptsächlichen Revier, auf der gut asphaltieren Straße, profitiert der Fahrer von tadellosen Fahreigenschaften.
Bleibt noch die Frage, wie teuer sich die Hersteller das bisschen Abenteueroptik bezahlen lassen. Und da gibt es große Unterschiede: Während der BMW X1 xDrive20d mit 35.200 Euro in der Preisliste steht, müssen Audi-Käufer deutlich tiefer in die Tasche greifen: Mindestens 39.450 Euro müssen nach Ingolstadt überwiesen werden, will man einen – zugegebenermaßen etwas größeren – A4 Allroad quattro 2.0 TDI fahren.
Jenseits der 40.000 Euro
Das macht der Audi auch nicht durch Ausstattungsextras wett, beide bringen ab Werk nur das Nötigste mit: Ein CD-Radio, elektrische Fensterheber, Klimaautomatik und 17-Zoll-Räder gehören zum Standard, aber schon ein Tempomat, Parksensor oder Xenon-Licht müssen hier wir da extra bestellt werden. Hinzu kommt beiderseits ein Reigen aufpreispflichtiger Optionen – bis hin zur Möglichkeit im Internet zu surfen –, die den Preis gut und gern weit über 40.000 Euro treiben.
Interessant: Während BMW-Käufer mit der X1-Wahl gegenüber seinem zivilen Pendant, einem in etwa vergleichbaren 320d Touring gut 3.000 Euro sparen, zahlt man bei Audi gegenüber dem A4 Avant einen Aufschlag von rund 4.000 Euro. Ob das dass Waldmeister-Gewand wert ist, muss jeder selbst entscheiden.
Technische Daten
Marke und Modell | Audi A4 Allroad quattro 2.0 TDI | BMW X1 xDrive20d | ||
---|---|---|---|---|
Motor / Ausstattung | 125kW | |||
Motor | ||||
Hubraum (Kubikzentimeter / Bauart) | 1.968 / R4-Turbo | 1.995 / R4-Turbo | ||
Leistung (kW (PS) / U/min) | 125 (170) / 4.200 | 130 (177) / 4.000 | ||
Drehmoment (Nm / U/min) | 350 / 1.750 | 350 / 1.750 | ||
Antriebsart | Allradantrieb | Allradantrieb | ||
Getriebeart | 6-Gang-Schaltgetriebe | 6-Gang-Schaltgetriebe | ||
Abmessung und Gewicht | ||||
Länge/Breite/Höhe (mm) | 4.720 / 1.840 / 1.500 | 4.454 / 1.798 / 1.545 | ||
Radstand (mm) | 2.808 | 2.760 | ||
Wendekreis (m) | 11,9 | 11,8 | ||
Leergewicht (kg) | 1745 | 1650 | ||
Kofferraum (Liter) | 490 - 1.430 | 420 - 1-350 | ||
Serienbereifung | 225/50 R17 | 225/50 R17 | ||
Verbrauch | ||||
Krafstoffart | Diesel | Diesel | ||
Kombiniert laut Werk (l/100km) | 6,2 | 5,8 | ||
CO2-Emissionen (g/km) / Abgasnorm | 164 / Euro5 | 153 / Euro5 | ||
AS24-Verbrauch (l/100km) | 7,7 | 7,3 | ||
Fahrleistungen | ||||
Werksangabe 0-100km/h (s) | 8,9 | 8,4 | ||
AS24-Sprint 0-100km/h (s) | k. A. | k. A. | ||
AS24-Bremstest 100-0km/h (m) | k. A. | k. A. | ||
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 213 | 213 | ||
Preise | ||||
ab (Euro) | 39.450,00 | 35.200,00 | ||
Ausgewählte Extras (Euro) | Metallic-Lack (800 Euro), Geschwindigkeitsregelung mit Bremsfunktion (270 Euro), Sitzheizung (350 Euro), Bi-Xenonlicht (785 Euro), Einparkhilfe hinten (400 Euro) | Automatik (2.050 Euro), Connectivity Paket mit Freisprecheinrichtung, USB-Anschluss, Mittelarmlehne, Radio Professional und Multifunktionslenkrad (rund 1.400 Euro), Metallic-Lack (660 Euro), Geschwindigkeitsregelung mit Bremsfunktion (340 Euro), Sitzheizung (330 Euro), Bi-Xenonlicht (880 Euro), Einparkhilfe hinten (450 Euro) | ||
VergrößernVerkleinern |
Fazit
Nein, es muss nicht immer ein richtiges SUV sein. Wer partout nicht auf das Raudi-Image eines Geländewagens verzichten will, allerdings vernünftig genug ist zu wissen, dass er wohl immer guten Asphalt unter den Reifen haben wird, findet in den aufgepeppten Kombis eine gute Alternative. Das Offroad-Image vermitteln beide mehr oder weniger ernsthaft, mit ihrem Allradantrieb kennen sie keine Traktionsprobleme, und sei es nur auf verschneiten Straßen in der Stadt, und ihr Pkw-gleiches Fahrverhalten gereicht ihnen nur zum Vorteil gegenüber den höherbauenden und schwerern SUV; nicht zuletzt der Vorteil an der Tankstelle gegenüber einem Zweieinhalb-Tonnen-Koloss.
Liegt einem alles an Fahrdynamik, so ist dem BMW X1 der Vorzug zu geben. Seine straffe Abstimmung dürfte sportliche Fahrer vollends überzeugen. Wer allerdings etwas mehr Komfort möchte, für den ist der A4 Allroad die bessere Wahl. Zumal der Audi auch mehr Platz für Passagiere und Gepäck bietet und deutlich hochwertiger Auftritt. Das allerdings hat auch seinen Preis, und der Unterschied von über 4.000 Euro dürfte die ein oder andere Kaufentscheidung sicher beeinflussen.