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Vergleichstest: Audi R8 vs. BMW M3 – Herzens-Brüder

Ob Ingolstadt oder München - in beiden bayerischen Motorenbau-Metropolen pflegt man einen gleichen Stil: Audi wie BMW haben aus V10- kleinere V8-Motoren abgeleitet. Und beiden Hochdrehzahlmaschinen werden 420 PS entlockt. Soweit herrscht Gleichstand.

Doch hat man diese Kraftwerke gänzlich anderen Fahrzeugen eingepflanzt. R8 und M3 – ein Vergleich zweier ungleicher Modell-Athleten. Trotz sehr großer Unterschiede, besondere Hingucker sind beide. Der größere Aufschneider ist aber der R8. Flach und breit strotzt er mit seiner nach vorn strebenden Silhouette nur so vor Kraft. Mit weit aufgerissenen Luftöffnungen, markanten Sideblades und aggressiven Scheinwerfern verkörpert er das Extreme. Obwohl ein Angeber-Auto, erzeugt der Audi viele positive Reaktionen im Straßenverkehr.

Ebenfalls freudige Reaktionen löst der M3 aus. Mit viel Raffinesse hat die M GmbH aus dem schicken Mittelklasse-Coupé eine Hochleistungs-Fahrmaschine geschnitzt. Vier Auspuffendrohre, eine martialische Frontschürze, das Karbondach und der Powerdome der Motorhaube sind seine Erkennungsmerkmale. Im Vergleich zum besonders extrovertierten R8 ist das Münchener Kraftpaket ein eher volksnaher Typ.

Innenwelten

Während beim M3 ein Durchschnittswagen zur extremen Fahrmaschine getrimmt wurde, ist der R8 nie etwas anderes gewesen. Das macht sich im Innenraum bemerkbar. Der Muskel-3er bietet Platz für vier Passagiere und reichlich Fracht. Im R8 finden hingegen nur zwei Passagiere mit Kleingepäck Platz. Trotz Raumknappheit: Der 1,25 Meter flache Audi bietet einen halbwegs bequemen Einstieg und eine entspannte Sitzposition. Sogar die Kopffreiheit ist für Hochgewachsene gut. Mit überzeugender Funktionalität und gerade noch ausreichender Übersichtlichkeit ist die Flunder fast alltagstauglich. Beeindruckend ist auch die hervorragende Verarbeitung. Edel eingepasst sind die 1.700 Euro teuren, großflächigen Kohlefaser-Applikationen in unserem R8-Interieur.

Auch mit seinem Geräuschkomfort kann das „Audi“torium positiv beeindrucken. Eigentlich trennt die Fahrgäste vom Motor nur eine Glasscheibe. Selbst bei 200 km/h ist eine Unterhaltung in normaler Lautstärke möglich. Dank der Glasscheibe in der Motorhaube ist der V8 für Außenstehende nicht nur ein Ohren- sondern auch ein Augenschmaus. Gestartet wird übrigens nicht mit einem derzeit so angesagten Startknopf, sondern klassisch per Schlüsseldreh. Und dieser Dreh entfacht ein Feuer der Begeisterung.

Klangwelten

Zunächst brabbelt der Motor ruppig und nervös vor sich hin. Nach kurzer Zeit läuft der Achtender im Standgasbetrieb angenehm kultiviert. Im unteren Drehzahlbereich klingt die Maschine zunächst turbinenartig. Zum metallischen Sirren gesellt sich noch ein dumpfer Bass. Bei höheren Drehzahlen – bis knapp über 8.000 Touren – wird daraus ein hartes Bollern. Das hochfrequente und nervenzerreißende Kreischniveau eines Lamborghinis ist dem Audimotor hingegen fremd. Herrlich bassig gewittert zudem das Zwischengas beim Runterschalten.

Derartige Gasstöße kann man beim M3 mit Handschaltgetriebe nur selber produzieren. Insgesamt tönt der V8 im BMW kerniger und schroffer, mehr wie ein klassischer Rennwagenmotor. Vielleicht unten herum etwas blass, bringt bei höheren Drehzahlen das röchelnde Ansauggeräusch mehr Farbe ins Spiel.

Sportwelten

Sportliches Fahren – auch hier treffen zwei Welten aufeinander. Der Mittelmotor-Audi mit dem Allradantrieb versus heckgetriebenem M3 mit Frontmotor – unterschiedlicher können Sportwagen-Layouts kaum sein. Dennoch sind die Fahrleistungen der beiden rund 1,6 Tonnen schweren Probanden nahezu identisch. Der mit dem automatisierten Schaltgetriebe R-Tronic ausgestattete Audi soll laut Hersteller für den 100-km/h-Sprint 4,6, der M3 mit Sechsgang-Handschaltgetriebe 4,8 Sekunden benötigen.

Bei unseren Messfahrten war mit jeweils 4,9 Sekunden hingegen Gleichstand angesagt. Wobei dem Ingolstädter seine 19-Zoll-Winterreifen wohl das ein oder andere Zehntel gekostet haben dürften. Andererseits hat der Audi mit Allradantrieb mehr Traktion und dank der Schaltwippen hinterm Lenkrad lassen sich die Gänge wesentlich einfacher wechseln. Im Eifer des Gefechts ein gewichtiger Vorteil. Beim BMW ist hier noch klassische Handarbeit beim zeitweilig etwas hakeligen Sechsgang-Getriebe angesagt. Zudem wird hier die enorme Kraft allein auf die Hinterachse geschickt. Entsprechend kämpfen beim M3 die 265er-Gummis auf 18-Zoll-Felgen verzweifelt um Halt, drehen selbst gut aufgewärmt noch wild durch. Hier bedurfte es einiger Versuche, um die Fünf-Sekunden-Marke zu knacken.

Sehr viel einfacher und zudem schneller gelingt der Sprint im M3 übrigens mit dem neuen Doppelkupplungsgetriebe DKG. Die Mehrinvestition von fast 4.000 Euro ist zwar üppig, doch dafür ist die Selbstschalter-Variante antrittsstärker, komfortabler und zudem noch sparsamer.

Mit Volldampf voraus

Beim Durchzug, wenn Traktion kein Problem mehr ist, hat wiederum der M3 die Nase leicht vorn. Während der Audi von unten raus auch dank seines um 30 Newtonmeter höheren Drehmoments mehr Druck hat, trumpft der 3er bei höheren Drehzahlen mit mehr Durchzug auf. Bei knapp über 4.000 Touren mobilisiert der Motor eine Extraportion Biss. So brauchte der 3er beim Sprint aus dem Stand bis 160 km/h 11,0 Sekunden. Das beste Ergebnis mit dem R8 lag drei Zehntel darüber. Auch bei 120 km/h auf der Autobahn im vierten Gang zieht der M3 knapp davon, was beim Fahrer für ein wunderbares Ätsch-Gefühl sorgen kann.

Am Ende kann der R8 allerdings dem M3 davonrennen. Zumindest in der Theorie. Während beim BMW offiziell die Höchstgeschwindigkeit auf 250km/h begrenzt wurde, bewegte sich die Tachonadel bei unseren Testfahrten bis jenseits der 270 km/h. Über 270 km/h konnte auch unser Audi nicht fahren. Aufgrund der Winterreifen wurde der Vortrieb auf dieses Niveau begrenzt. Ein unsicheres Gefühl selbst bei Top-Speed hat keiner der beiden aufkommen lassen. Offen durchbrechen beide übrigens problemlos die 300er-Schallmauer und dürften selbst dann noch souverän auf der Straße liegen.

Keck ums Eck

Doch von der Längs- nun zur Querdynamik: Im Kurvengetümmel überrascht der R8 mit einer spielerisch einfachen und unkomplizierten Art. Diesen Wagen kann jeder sofort verstehen, ein Fahrerlehrgang ist für Neukunden wohl nicht nötig. Das Handling ist narrensicher. Exakt und sehr gut nachvollziehbar werden die Lenkbefehle umgesetzt. Der Wagen saugt sich förmlich in jede Biegungen und durchpfeilt auch mit eingeschaltetem ESP extrem schnell die Kurven. Per Knopfdruck lässt sich das Sicherheitssystem ausschalten und dann schwingt auch das Heck gerne mal seitlich aus. Obwohl der R8 mit perfekter Straßenlage überzeugt, ist sein Federungskomfort bemerkenswert hoch. Wem der Ingolstädter dennoch etwas zu schwammig ist, kann mit dem 1.740 Euro teuren Magnetic-Ride-Fahrwerk per Knopfdruck eine spürbar sportlichere Kennlinie anwählen.

Die Auslegung des Allradantriebs qualifiziert den R8 übrigens fast schon zum Hecktriebler, allerdings mit ausgeprägten Grip-Vorteilen. Denn immerhin noch bis zu 35 Prozent der Kraft werden an die Vorderräder geschickt. Dank seiner mindestens 65-prozentigen Hinterachs-Power lässt sich jederzeit fast spielerisch der Heckdrift einleiten. Den R8 kann man sogar leichter ins Übersteuern bringen als den M3. So richtig wie ein Allradfahrzeug fühlt sich der Audi also nicht an.

Auch der M3 überrascht. Eigentlich möchte man einen knüppelharten Hoppel erwarten. Doch der an sich brutale Münchener bietet mit Serienbereifung einen bemerkenswert hohen Federungskomfort. Gleichzeitig liegt der Wagen gnadenlos gut auf der Straße. Hohe Lenkpräzision, mustergültige Rückmeldung, packende Bremsen – auch hier ist alles auf höchstem Dynamik-Niveau. Zudem ist der M3 dank der elektronischen Stabilitätskontrolle DSC und der toleranten Stufe DTC ebenfalls sicher. Bei schneller Kurvenfahrt können die Eingriffe auch stören. Ganz ohne diese Assistenz wird das Hinterteil allerdings etwas zickig. Bei ausgeschaltetem DSC sollte man den M3 mit Bedacht an seine Grenzen führen. Wer das Driftpotenzial zu kontrollieren weiß, kann enorm viel Fahrspaß damit erleben.

Trinkfest und teuer

Das hohe Fahrspaß-Niveau hat selbstredend eine Schattenseite: Sparsam ist keiner. Beide Boliden sind sogar extrem durstige Fahrzeuge. Bei normaler Fahrweise kann man mit jeweils etwa 12 bis 14 Litern hinkommen. Ein lockerer Gasfuß führt zu Verbrauchswerten zwischen 16 bis 18 Liter. Selbst 20 Liter und mehr sind kein Problem. Einen nennenswerten Verbrauchsvorteil bietet übrigens keiner. Efficient Dynamics? Fehlanzeige. Das Thema Umwelt muss in diesem Vergleich ausgeklammert werden.

Wer sich einen der beiden Renner zulegen will, braucht zudem einen souveränen Kontostand. Rund 67.000 Euro kostet der Basis-M3, 106.000 Euro sind es beim R8. In beiden Fällen bieten die Zubehörlisten die Möglichkeit, die Preise noch deutlich nach oben zu treiben. Wie auch immer man seinen Traum-Renner ausstattet: Der M3 bleibt die eindeutig günstigere Alternative.

Fazit

Eindrucksvoll, wie perfekt Audi mit dem R8 der Einstieg ins Supersportler-Segment gelungen ist. Die Mittelmotor-Flunder ist fast so extrem wie ein Lambo, kann aber unkomplizierter und alltagstauglicher bewegt werden. Mit seinem größeren Platzangebot bietet der M3 allerdings wesentlich mehr Alltagstauglichkeit bei nahezu gleichem Dynamik-Niveau. Auf der Rennstrecke dürfte man mit dem R8 zwar etwas schnellere Rundenzeiten schaffen. Vor allem mit seinem genial abgestimmten Allradsystem kann der Audi punkten. Doch im Straßenverkehr fällt dieser Unterschied kaum ins Gewicht. Letztlich entscheidet der Preis: Angesichts des Gebotenen ist der M3 in diesem Vergleich ein wahres Schnäppchen.

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