Mit mehr als 3.000 Zulassungen im Juli 2010 wurden rund 1.000 Fahrzeuge mehr verkauft als beispielsweise vom BMW X1. Mit dem ix35 hat Hyundai nun einen neues, kompaktes SUV auf den Markt gebracht, das sich großer Beliebtheit erfreut. Mit knapp 1.200 Juli-Verkäufen liegt der Neuling auf dem Niveau des preisgünstigen Duster und deutlich vor dem Yeti (knapp 900). Aber kann der Koreaner dem Platzhirsch wirklich gefährlich werden? Preislich in jedem Fall. Das war, ist und bleibt eine Domäne der Koreaner. Aber: Billig sind die Ostasiaten längst nicht mehr. Die Preisdifferenz zwischen Hyundai ix35 2.0 CRDi Allrad mit 136 PS und VW Tiguan 2.0 TDI 140 PS 4Motion beträgt bei ähnlicher Ausstattung rund 4.000 Euro – viel Geld, aber in dieser Preisregion keine Welt mehr.
Was bekommt man für so viel Geld
Um es richtig einordnen zu können: Zirka 30.000 Euro verlangt Hyundai für den ix35 in der Version Style mit weiteren nützlichen Extras; etwa 34.000 Euro gilt es für den Tiguan Track & Field zu berappen, der an der angeschrägten Front auszumachen ist – sie soll im Gelände Vorteile verschaffen.
Für so viel Geld kann der Kunde einiges erwarten. An der Ausstattung mangelt es hier wie da nicht. So besitzen beide Modelle zu diesem Preis schicke 17-Zoll-Räder, Metallic-Lack, ein Navi, den Tempomat, eine Freisprecheinrichtung für das Telefon und beispielsweise die Klimaautomatik und Nebelscheinwerfer. Der Hyundai packt noch Teil-Ledersitze und eine Rückfahrkamera obendrauf.
Gefällt der Tiguan vielen Interessenten und Käufern aufgrund seiner gestalterischen Zurückhaltung, bezeichnen andere dessen Design als fad. Beim Hyundai spalten sich ebenfalls die Meinungen, wobei der Begriff langweilig nie anzutreffen ist. Eher überladen, verspielt, verchromt, zu viel Schnickschnack.
Das Verspielte merken auch die Insassen. So ist die Rundumsicht mies. Wer beim Rechts-Abbiegen den Radweg erspähen will, muss zuvor Yoga-Unterreicht genommen haben, ebenso nerven die massiv im Blickfeld befindlichen A-Säulen. Besser kann das der Tiguan, der eckiger daherkommt und größere Fensterflächen besitzt.
Mehr Luft im VW
Diesen Vorteil bekommen auch die Insassen zu spüren. Bei nahezu gleichen Abmessungen fühlt sich der Tiguan eine Nummer größer an, was objektiv nicht der Fall ist. Zwar gibt es seitlich mehr Kopffreiheit, aber der Knieraum und die Beinfreiheit sind in beiden Autos ähnlich großzügig. Im Tiguan sitzt es sich dennoch besser. Hinten verursachen die in der Länge verschiebbaren Einzelsitze, deren Lehnenneigung sich variieren lässt, einen angenehmeren Kniewinkel.
Im ix35 ist die zweiteilige, nicht variable Sitzbank zu flach montiert, was dazu führt, dass nur die Pobacken den Sitz berühren. In den Kofferraum passen übrigens in etwa gleich viele Gepäckstücke wobei im Hyundai sogar noch Platz für ein Reserverad ist. Im Tiguan gibt es für 220 Euro Extrazahlung lediglich ein Kofferraum verkleinerndes Notrad.
Bequemer im VW
Zurück zu den Passagieren: Pilot und Copilot sitzen in beiden Autos gut, wobei die besseren Sitze im Tiguan zu finden sind. Gleiches gilt für die Verarbeitung beziehungsweise die Materialauswahl. Das Tiguan-Interieur stammt nach wie vor vom Golf Plus und kann sowohl ergonomisch als auch haptisch überzeugen, schön finden es hingegen nicht alle.
Da wundert es einen fast schon, wie gut der Hyundai mithalten kann. Hier und dort wünschen sich Kritiker vielleicht ein bisschen weicheren Kunststoff (Mitteltunnel und oberes Armaturenbrett) und die Mittelarmlehne vorne sollte sich verstellen lassen. Aber alles in allem gibt es auch im und am Koreaner wenig zu bemängeln. Das gilt auch für das optional erhältliche Navi für 1.720 Euro. Die Menüführung ähnelt der von VW-Geräten, zusätzlich beinhaltet das System eine sinnvolle Rückfahrkamera.
Hyundai nach Norm deutlich sparsamer
Technische Daten
Marke und Modell | Hyundai ix 35 2.0 CRDi Allrad | VW Tiguan 2.0 TDI 140 | ||
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Style | Track & Field DSG | |||
Abmessung und Gewicht | ||||
Länge/Breite/Höhe (mm) | 4.410 / 1.820 / 1.670 | 4.457/ 1.809 / 1.686 | ||
Radstand (mm) | 2.640 | 2.604 | ||
Wendekreis (m) | 10,6 | 12 | ||
Leergewicht (kg) | ab 1.600 | ab 1.665 | ||
Kofferraum (Liter) | 465 - 1.436 | 470 - 1.510 | ||
Bereifung Testwagen | 225/60 R17 Hankook Optimo K415 | 235/55 R17 Bridgestone Dueller H/P Sport | ||
Motor | ||||
Hubraum (ccm) / Bauart | 1.995 / 4, Reihe | 1.968 / 4, Reihe | ||
Leistung (kW / PS) | 100 / 136 | 103 / 140 | ||
Drehmoment (Nm) / Umdrehungen | 320 / 1.800 - 2.500 | 320 / 1.750 - 2.500 | ||
Antriebsart | Allrad | Allrad | ||
Getriebeart | 6-Gang-Handschalter | 7-Gang-DSG | ||
Verbrauch | ||||
Krafstoffart | Diesel | Diesel | ||
Kombiniert laut Werk (l/100km) | 5,7 | 6,3 | ||
CO2-Emissionen (g/km) / Abgasnorm | 149 / Euro 5 | 164 / Euro 5 | ||
AS24-Verbrauch (l/100km) | 8 | 7,8 | ||
Fahrleistungen | ||||
Werksangabe 0-100km/h (s) | 11,3 | 10,5 | ||
AS24-Sprint 0-100km/h (s) | 10,4 | 10,6 | ||
AS24-Bremstest 100-0km/h (m) | 40,4 (bei Nässe!) | 40,8 (bei Nässe!) | ||
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 181 | 186 | ||
Preise | ||||
ab (Euro) | 27.490,00 | 30.800,00 | ||
Empfohlene Extras | Metallic-Lack (480 Euro), 17-Zoll-Alufelgen (390 Euro), Tempomat (190 Euro) | Metallic-Lack (515 Euro), 17-Zoll-Alufelgen (445 Euro), Tempomat (200 Euro), USB-Adapter (170 Euro), Nebelscheinwerfer (160 Euro), Bluetooth-Freisprecheinrichtung (ab 280 Euro), Fußmatten (96 Euro) | ||
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Reiste der ix35 Diesel mit dem serienmäßig installierten und exakt bedienbaren Sechs-Gang-Schaltgetriebe an, kam der Tiguan mit dem neuen, bei VW erstmals im Tiguan eingesetzten Sieben-Gang-DSG (verstärkte Ausführung) zu uns. Gleich vorweg: Das neue DSG ist keine Empfehlung. Warum? Die Gänge sechs und sieben sind so lang übersetzt, dass man auf der Autobahn meint, einen 100-PS-Diesel zu bewegen. Der manuelle Eingriff wird häufig genutzt, was nicht Sinn und Zweck eines automatischen Getriebes ist. Zudem nervt das DSG beim Rangieren, da es beim sanften Anfahren ruckelt und stets eine Gedenksekunde benötigt. All das konnte die alte Sechs-Gang-Automatik besser.
Verbessert haben die Wolfsburger hingegen den Spritverbauch. Mit DSG benötigt der Tiguan 6,4 Liter und damit 1,1 Liter weniger als das Modell mit der Wandler-Automatik. Das ändert nichts daran, dass der Zwei-Liter-Diesel des Hyundai nach Norm nur 5,7 Liter schluckt. Bei gemischter Fahrweise im Testbetrieb gönnten sich beide unisono knapp acht Liter. Respekt an Hyundai, die in diesem Vergleich das deutlich agilere Fahrzeug haben.
Gleiche Leistung, ix35 agiler
Und das, obwohl der Koreaner mit 136 PS sogar vier weniger besitzt als der Tiguan. Beim Drehmoment sind sie sich einig: 320 Newtonmeter drücken ab etwa 1.800 Rotationen der Kurbelwelle in Richtung Vorderachse. Erst wenn dort Schlupf entsteht, wird binnen Millisekunden die Kraft nach hinten portioniert. Im Sprint bedeutet das, dass der ix35 gemessene 10,4 Sekunden aus dem Stand bis Tempo 100 braucht, der Tiguan 10,6. Weitergestürmt wird bis 181 respektive 186 km/h, wobei der Tiguan länger anläuft.
Trotz seiner ellenlangen Übersetzung brummt der VW-Selbstzünder auch bei Tacho 160 km/h vernehmbar. Etwas dezenter erledigt diese Übung der Hyundai, der dafür vor allem beim Kaltstart und beim Beschleunigen aus niedrigen Drehzahlen – Druck gibt’s bereits ab 1.200 Touren – eher an einen Traktor erinnert. Im Tiguan wünscht man sich die 170-PS-Version, oder aber man verzichtet auf das DSG – eine seltene Aussage, hier aber trifft sie zu.
Zu straff
Ähnliches gilt fürs Fahrwerk. Der Tiguan reiste mit dem knapp 1.000 Euro teuren DCC-System an. Das adaptive Fahrwerk konnte uns beim letzten Tiguan-Test überzeugen. In Verbindung mit 17-Zöllern und Allrad trampelt der Wolfsburger jedoch im Komfort-Modus; Normal ist überflüssig, Sport unsinnig. Keineswegs komfortabler kommt der Hyundai ix35 daher. Bei ihm fällt zudem auf, dass das Ansprechverhalten der Dämpfer noch weniger geglückt ist. Pseudo-Sportlichkeit bei SUVs nervt. Kaum jemand pfeift mit den Kisten auf der letzten Rille um die Kurven. Auf der Autobahn, im Stadtverkehr und überall, wo man einfach nur gleiten möchte, nervt die Straffheit.
Fürs Gelände eigenen sich beide Fahrzeuge bedingt. Der mit angeschrägter Track & Field-Front ausgerüstete Tiguan kann zwar an steilere Rampen ranfahren, hochkommen ist aber etwas anderes. Hier setzen die Straßenreifen dem Treiben früh ein Ende. Etwas weniger Böschungswinkel besitzt der Hyundai, dafür kommt er mit einem auf Knopfdruck sperrbaren Mittendifferenzial zu den Kunden und kann bei rutschigen Bodenverhältnissen etwas punkten. Beim Bremsen erlauben sich beide keine Blöße. Trotz Nässe stehen sie nach gut 40 Meter.
Fazit
Der Hyundai kann vor allem mit seinem antrittsstarken, sparsamen Motor punkten. Das Platzangebot ist gut, die Übersichtlichkeit aufgrund des Designs bescheiden. Der Preisvorteil ist definitiv vorhanden, jedoch wird er potenzielle Tiguan-Käufer nicht umstimmen können. Der VW ist besser verarbeitet, bietet das bessere Raumgefühl und ist übersichtlicher. Der TDI ist grundsätzlich fein, brummt jedoch im Tiguan lauter als in anderen VWs und harmoniert nicht mit dem neuen 7-Gang-DSG. Den VW empfehlen wir mit Serienfahrwerk und Handschaltung, am straffen ix35 kann man eh nichts ändern.