Doch reicht dieser, um den frisch aufgelegten japanischen Aufsteiger zu überflügeln? Optisch gelingt das dem Opel zunächst einmal nur mit der Höhe, denn sein Dach überragt um immerhin fünf Zentimeter den betont flachen, elegant coupéhaft fließenden Mazda. Seit den glücklosen Xedos-Modellen haben die Japaner kein derart das Auge schmeichelndes Auto mehr auf die Straße geschickt und mit der neuen, Kodo genannten Designlinie, haben sie eindeutig den Nerv der Zeit getroffen.
Auch für Opel brach mit dem Insignia dereinst ein neues Design-Zeitalter an, doch wirkt die im sechsten Jahr unveränderte Blechhaut mittlerweise etwas angestaubt und die Karosserie im Vergleich zum 6 zudem etwas plumper. Strahlkraft bietet der große Opel dennoch, denn in einigen Feinheiten aufgefrischt, mit teurem Lack überzogen, auf imposant dimensionierte Edelfelgen gestellt und mit viel Chrom-Firlefanz aufgehübscht, sieht er sogar eine Spur nobler als der Mazda aus. Und dieser Eindruck ist kein leeres Versprechen, denn allein das satte „Fffump“, mit dem die Türen des Opel zuschlagen, kündet von gehobener Solidität. Beim 6 klingt es hingegen etwas dünnwandig, wenn seine Türen ins Schloss scheppern.
Opels Wohlfühl-Lounge
Das Gefühl gehobener Qualität versprüht der Blitzträger in noch eindrucksvollerer Weise im Innenraum. Hier empfangen mit weichem, dunklem Leder bezogene, mit eingesticktem Insignia-Logo in der Lehne und hellbraunen Kordeln verzierte Sitze die Gäste. Das griffige Lenkrad, die vielen Kurven und Schwünge sowie angenehme Materialien schmeicheln Hand und Auge und sorgen für gehobenes Behaglichkeits-Niveau. Und dann ist da noch das neue Kombiinstrument mit einem den höheren Ausstattungen vorbehaltenem Riesendisplay, welches den sonst üblichen Analogtacho ersetzt. Flankiert wird dieser Bildschirm vom 8-Zoll-Display der Navi-Infotainment-Einheit in der Mittelkonsole. Das Intellilink 900 genannte Super-Navi ist mit seiner Leistungsbandbreite ganz auf der Höhe der Zeit. Internet, Apps, Bluetooth-Streaming, DAB-Radioempfang – Opel hat einen nunmehr zeitgemäßen Alleskönner im Angebot.
Das Mäusekino im Mazda 6 ist da vergleichsweise simpel gestrickt. Der Bildschirm ist kleiner, die Funktionstiefe geringer und die Möglichkeiten der Bedienung eingeschränkter. Alles klappt hier zwar einwandfrei und ist der Wegweiser mit 500 Euro zudem recht günstig, doch im neuen 3 zeigt Mazda bereits, wie ein Multimedia-System heutzutage eigentlich gestaltet sein muss. Doch Kunden eines 6 müssen sich vorläufig mit Technik von gestern begnügen.
Starkes Navi-Infotainment-System
Opel ist hier gleich mehrere Schritte weiter und hat sein 1.200 Euro teures Intellilink 900 gleich noch mit einen Blumenstrauß an Bedienmöglichkeiten verfeinert. Über Touchscreen, Touchpad, Sprachsteuerung, Direktwahltasten und das durchdachte Lenkradtasten-System kann man Navi, Radio und Internet-Funktionen steuern. Die Tasten am Lenkrad ermöglichen es, mit Hilfe einer Menüanzeige im Kombiinstrument-Display, mit beiden Händen am Lenkrad eine Vielzahl von Multimedia-Funktionen zielsicher zu steuern. Zudem kann man am Lenkrad den Tempomat mit praktischer Vorwählfunktion steuern.
Die vielen Bedienmöglichkeiten können vor allem für Routiniers zwar praktische Vorteile bieten, doch muss man Opel auf ein Neues einen Hang zur Redundanz vorwerfen, die auch im Fall des seit dem Facelift aufgeräumteren Insignia wieder mit einer Überfrachtungstendenz einhergeht. So ist man bei einem voll ausgestatteten Exemplar wieder einmal mit vielen Bedienmöglichkeiten konfrontiert, die vor allem in den ersten Tagen der Nutzung Verwirrung stiften können.
Mazda bietet viel, Opel mehr
Ein Grund für den Bedien-Overkill im Opel liegt auch in der großen Zahl sicherheitsrelevanter Helfer und Assistenzsysteme. Grundsätzlich sind hier beide Probanden gut bestückt, denn auch der Mazda bietet einen Kollisionsverhinderer, einen Tot-Winkel-Warner, einen Fernlichtassistenten, einen Spurhalteassistenten und einen Abstandstempomat. Opel bietet aber das klar größere Arsenal, denn neben den genannten Helfern sind noch ein auf deutlich mehr Verkehrssituationen flexibel reagierendes Lichtsystem, eine Verkehrszeichen-Erkennung, ein Rückfahrassistent und ein Einparkassistent verfügbar. Zwar hat Opel damit das Helferlein-Duell eindeutig gewonnen, doch muss man andererseits für dieses Mehr auch mehr bezahlen. Ohnehin ist der Markt der Möglichkeiten beim Insignia umfangreicher und entsprechend preistreibender.
Der einfacher gestrickte Arbeitsplatz des 6 bietet dafür ein mustergültiges Beispiel einer angenehm aufgeräumten Strukturierung, bei der man sich auf Anhieb zurechtfinden kann. Wenn auch nüchterner als im Opel, so hat der Arbeitsplatz im Mazda durchaus seinen Charme. Auch hier ist es wohnlich, allerdings fühlt sich das Leder nicht ganz so fein wie beim Opel an und wirken die Kunststoffoberflächen stellenweise etwas billiger und weniger massiv. Und das Interieur-Design ist nicht ganz so filigran wie im Opel.
Oberklasse-Beinfreiheit im Mazda
Eindeutig die Nase vorn hat der Mazda beim Platzangebot für die Insassen. Das ist vor allem dem um neun Zentimeter längerem Radstand zu verdanken, obwohl die Karosserie mit 4,86 Meter Länge die des Insignias um lediglich zwei Zentimeter überragt. Vom langen Radstand profitieren besonders die Fondinsassen, die Oberklasse-Beinfreiheit genießen dürfen. Und auch vorne sitzt man etwas luftiger als im Insignia.
Der wiederum bietet in der von uns getesteten fünftürigen Version ebenfalls noch gute Platzverhältnisse für Passagiere, doch vor allem sein Kofferraum, der sich hinter einer riesigen Heckklappe auftut, ist großzügiger dimensioniert. Hier bietet Opel neben der reinen Limousine und dem Kombi eben noch einen Kompromiss aus beiden an, der Platz für 530 bis 1.470 Liter Gepäck bieten kann. Beim Mazda verbietet das klassische Limousinen-Layout derartige Stauraumwunder. 489 Liter passen in das Gepäckabteil, welches sich durch die ebenfalls umlegbare Rückbanklehne lediglich in Länge erweitern lässt und so den Transport bis zu zwei Meter langer Gegenstände ermöglicht.
Feines Fahrwerk für Insignia
Zwar bietet der Mazda seinen Gästen mehr Platz, komfortabler fahren sie jedoch im Opel, zumindest wenn dieser über das optional verfügbare adaptive Fahrwerkssystem mit elektronischer Dämpferregeleung verfügt, welches es dem Fahrer per Knopfdruck ermöglicht, zwischen einer komfortablen oder sportlichen Abstimmung zu wählen. Einerseits sind bei dieser 930 Euro teuren Fahrwerks-Option die Spreizungen zwischen den Setups deutlich spürbar und zudem in sich sehr überzeugend abgestimmt. Will man Komfort, bekommt man diesen in mustergültiger Form, will man hingegen mehr in Richtung Kampflinie unterwegs sein, kommt der große Rüsselsheimer dem Fahrer mit einer betont sportlichen Abstimmung entgegen. Vor allem die Lenkung ist ein Gedicht, denn sie setzt den Fahrerwillen mit präziser Rückmeldung feinfühlig um.
Der Mazda 6 ist auch hier etwas simpler, doch sein Fahrwerk keineswegs schlecht. Nur manchmal reagiert es auf Unebenheiten etwas unsensibler und bekommen diese gelegentlich auch die Insassen zu spüren. Dafür wirkt der Japaner handlicher, spontaner und ehrlicher, wenn es mal zackig nach links oder rechts gehen soll. Dem 6 kommt dabei vor allem auch sein deutlich niedrigeres Gewicht entgegen, denn angesichts von über 200 Kilogramm weniger Speck ist der 1,4-Tonner tänzerischer, leichtfüßiger. Dennoch bietet der Insignia trotz seiner mehr als 1.600 Kilogramm Lebendgewicht einen ebenfalls überzeugenden Kurvenspaß, mit einer allerdings früher einsetzenden Neigung zum Untersteuern, wobei das feinfühlig einbremsende ESP den Wagen souverän auf Kurs hält.
Überzeugen können beide Probanden vor allem auch beim Langstreckenkomfort, denn beide bleiben innen selbst bei gehobenem Tempo geräuscharm und liegen zudem ruhig und satt auf dem Asphalt. Als besonderen Trumpf des Opels muss man für Vielfahrer noch die AGR-Sitze hervorheben, die sich bestens justieren lassen und denen man selbst nach langen Fahrten erfreulich entspannt entsteigen kann.
Sauger oder Turbo?
Vom Zweiliter-Benziner des 6 mag man angesichts des allgemeinen Trends zu aufgeladenen Aggregaten fast schon überrascht sein, denn die Japaner setzen weiterhin auf einen klassischen Saugmotor. Und dieser hat noch immer seine Berechtigung, auch wenn er mit dem Drehmoment-Bumms eines Turbos gefühlt nicht mithalten kann. Im Gegenzug bietet der Vierzylinder ein spontanes Ansprechverhalten selbst aus dem tiefsten Drehzahlkeller und ein entsprechend breites nutzbares Drehzahlband. Schon ab 1.000 Touren nimmt der Motor willig Fahrt auf und kann man auch im Stadtverkehr den sechsten Gang nutzen. Nach oben raus entwickelt der Vierzylinder sogar richtig Temperament, wirkt spritzig, durchzugsstark und drehfreudig. Bis hoch auf 6.500 Touren dreht der Motor befreit mit einer dann sportlich-kernigen Note ungequält, ungekünstelt.
Beim Insignia bietet der 1.6 SIDI hingegen die schöne neue Kraft der Zwangsbeatmung. Der downgesizte Benziner hält sich akustisch meist im Hintergrund und dringt am ehesten das Turbopfeifen an die Insassen-Ohren, um dann vom einsetzenden feinen Extra-Punch zu künden, der nach Überwindung einer Leistungsschwäche im Drehzahlkeller für satten Vortrieb sorgt. Immerhin liegen schon ab 1.650 Touren die maximal 260 Newtonmeter Drehmoment voll an und vermitteln in ihrer ganzen Pracht ein gehobenes Gefühl der Stärke. Einen dynamischen Vorteil fährt allerdings keiner der beiden heraus. Der Mazda mit seinen 165 PS kann mit 9,1 Sekunden dem schweren Opel beim Sprint eine Zehntelsekunde abnehmen, der Opel mit fünf PS mehr liegt dafür mit seinen 220 km/h Endgeschwindigkeit um vier Zähler vorn.
Bedingt sparsam
Die spannende Frage ist allerdings, ob das brandneue Downsizing-Triebwerk des Insignia auch die erhofften Verbrauchsvorteile in der Praxis realisieren kann. Immerhin hat Mazda mit seiner Skyactiv genannten Technik-Offensive ganz ohne Downsizing dem klassischen Saugbenziner ein höchst effizientes Niveau anerzogen. Glatt sechs Liter ist der Normwert des Skyactiv-Motors, während der 1.6 SIDI ein Zehntel mehr verknuspern soll. Praktisch kann der Opel-Motor dank des kleineren Hubraums allerdings effizienter arbeiten, denn wenn man, wie auf unserer Testfahrt, längere Zeit konstant mit 120 km/h unterwegs ist, liegt der Verbrauch bei erfreulichen 6,7 Litern. Der Mazda zeigte sich bei diesem moderaten Autobahn-Tempo mit 7,1 Litern etwas durstiger.
Doch das Blatt wendet sich, wenn man den Tempomat auf 160 km/h stellt, denn dann verlangt der Mazda nach einem immer noch moderaten Expresszuschlag, der beim Nachtanken einen Durchschnittsverbrauch von 9,6 Litern bescherte. Bei hohem Tempo wird der Turbobenziner des Opel hingegen zum Säufer und haben wir nach längerer 160-km/h-Sause schon recht üppige 10,9 Liter für 100 Kilometer in den Tank nachfüllen müssen. Eine Turboaufladung, so zeigt es auch der Insignia, sorgt bei verstärkter Leistungsabfrage leider für Verbrauchssprünge nach oben. Wer sich also besonders für den Praxisverbrauch interessiert, sollte bei der Kaufentscheidung seine persönliche Fahrweise hinterfragen. Wer meist langsam und konstant über Land und Autobahn fährt, könnte mit dem Opel sparsamer unterwegs sein. Linksspur- und Stadtneurotiker werden wohl mit dem 6 genügsamer fahren.
Mazda mit Preisvorteilen
Das trifft übrigens auch auf den Preis zu, denn der Mazda 6 mit 165-PS-Benziner kostet 320 Euro weniger in der mittleren Ausstattung Center-Line als der Insignia mit 170-PS-Benziner in der vergleichbaren Ausstattung Edition als Viertürer. Der dann mindestens 28.510 Euro teure Insignia bietet eine zudem nicht ganz so umfangreiche Ausstattung wie der 6. So verfügt der Mazda trotz seines leicht niedrigeren Preises zusätzlich noch über eine Zweizonen-Klima, Licht- und Regensensor sowie das City-Notbremssystem.
Noch größer wird der Preisvorteil des 6 übrigens bei den in der Mittelklasse beliebten Kombis, denn für den Sports Tourer verlangt Opel 930 Euro Aufpreis, während Mazda Limousine und Kombi preistechnisch gleich behandelt. Und weitere Preisvorteile verschafft sich der 6 noch mit seinen günstigen Aussstattungspaketen, die viel für vergleichsweise wenig Geld bieten. Der Opel lockt zudem mit einem verführerischen Markt von feinen und für den Mazda teilweise nicht verfügbaren Extras, was leichthin für weitere Preissprünge nach oben sorgen kann. Wer viel will, bekommt viel bei Opel und muss auch entsprechend viel bezahlen. Ausstattungsbereinigt wird der 6 beim Anschaffungspreis in jedem Fall um einen niedrigen bis mittleren vierstelligen Betrag günstiger sein. Das ist nicht viel, aber immerhin. Mit Opel Insignia und Mazda 6 stehen zwei eindrucksvoll gelungene Alternativen in der Mittelklasse zur Verfügung. Limousinen mit Niveau müssen keineswegs vier Ringe, eine Niere oder einen Stern tragen.
Zu den besonderen Vorzügen des 6 zählen seine großzügige Beinfreiheit im Fond, sein geringes Gewicht und ein damit einhergehendes handlicheres Kurvenverhalten. Sein günstiger Preis und sein selbst bei flotter Fahrweise recht genügsamer Motor sprechen auch ökonomisch für den darüber hinaus erfrischend elegant gezeichneten Japaner.
Der neue Downsizing-Motor des Opel, der 1.6 SIDI, ist hingegen nur dann sparsam, wenn der Turbolader nicht allzu sehr gefordert wird. Effizienz ist bei gemütlichen Überlandfahrten unter mäßiger Last angesagt; Bleifuß-Fetischisten könnten trotz Downsizing hingegen unschöne Überraschungen an der Zapfsäule erleben.
Ansonsten machen den Insignia vor allem sein verfeinerter Luxus, sein adaptives Fahrwerk, sein vielseitig nutz- und bedienbares Audio-Navi-System und sein größerer Optionsumfang vor allem in Hinblick auf sicherheitsrelevante Helfer begehrlich. Bei diesem im Vergleich zum Mazda 6 deutlichen Mehr an Technik und Premium handelt es sich weitgehend Kann-Optionen, die entsprechend auch nach einer höheren Investitionsbereitschaft verlangen.