Der Volkswagen Golf. Inbegriff einer ganzen Fahrzeugklasse. Meistverkauft über mittlerweile acht Generationen hinweg, geliebt von Millionen Autofahrern. Vor kurzem hatte ich erstmals das Vergnügen mit der aktuellen Generation, durfte im neuen Golf GTE Plug-in-Hybrid Platz nehmen und fahren (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 1,7 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert 12,4 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 38 g/km²). Doch sind Fahrveranstaltungen immer das eine, der jeweilige Alltag etwas ganz anderes. Daher bitten wir nun den günstigsten (ab 26.972 Euro inkl. 16% MwSt.) und zugleich schwächsten Mild-Hybrid im aktuellen Golf-Angebot zum Test.
Der VW Golf 1.0 eTSI fährt dabei zunächst mit überschaubarer Motorleistung vor (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 4,3 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 98 g/km²). 81 kW oder 110 PS sowie 200 Newtonmeter Drehmoment leistet der Dreizylinder-Turbomotor, wird aber dank eines Riemenstartergenerators, einer kleinen 48-Volt-Lithium-Ionen-Batterie und haufenweiser Elektronik spürbar unterstützt. Und in der Tat: An Leistung fehlt es dem Dreizylinder kaum. Spontan ist die Gasannahme, der Durchzug ermöglicht selbst knappere Überholmanöver und auf der Autobahn schafft der Proband mit ach und krach 215 Stundenkilometer (echte 202 km/h) im Tacho. Reicht. Für den Alltag sowieso.
Zwischen den Zeilen ist da aber mehr, was diesen kleinen Antrieb so besonders macht. Denn so oft wie die Elektronik den eTSI auf Segeltour schickt, vom Getriebe abkoppelt und anschließend gänzlich den Motor lahmlegt, ist außergewöhnlich. Bereits während der Warmlaufphase wird beim Dahinrollen zu einer Ampel der Motor abgestellt, der Dreizylinder schweigt und der Golf fährt bis zur Kreuzung geräusch- und emissionslos. Trittst du nun auf das Gaspedal (oder die Bremse), springt das 999-cm³-Motörchen innert Sekundenbruchteilen wieder an und steht beinahe verzögerungsfrei zum Beschleunigen bereit.
Festzuhalten ist: Der Wolfsburger hat das große Spritsparen gelernt. Wir alle kennen es. Lastet der rechte Fuß schwer wie Blei auf dem Gaspedal, ist es nicht weit her mit allerhand Normverbräuchen. Je nach Ausstattung gibt Volkswagen für den Golf 1.0 eTSI 4,3 Liter Superbenzin auf 100 Kilometer zu Protokoll. Ist nicht unrealistisch, wahrscheinlicher ist aber eine fünf oder sechs vorm Komma. Beeindruckt hat mich jedoch, dass die Verbrauchsspitzen (im Durchschnitt) deutlich gesunken sind. Sieben Liter sind da schon fast das obere Ende der Fahnenstange, ganz gleich, wie rabiat der Golf auf längeren Touren gehetzt wird.
Auch sonst überzeugt der Golf 8 1.0 eTSI im Fahrkapitel. Das im Testwagen verbaute Standardfahrwerk (adaptive Dämpferregelung DCC gibt es erst bei größeren Motoren) könnte zwar eine Nuance weicher sein, eignet sich dafür aber fürs beherzte Kurvenfahren. Die Progressivlenkung tut was sie soll und gar nicht in Erscheinung tritt das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Es schaltet unmerklich und stets der abgeforderten Leistung angemessen. Bei den Bremsen das gleiche Bild: Unauffällig mit ordentlich Biss, wenn es darauf ankommt.
Wer bis hier gelesen hat, wird meinen, ich hätte kaum etwas am Golf 8 1.0 eTSI auszusetzen. Auf das Fahrkapitel und die generelle Antriebstechnik gemünzt stimmt das auch. Spätestens im Innenraum ist es jedoch vorbei mit dem bedingungslosen Fürsprechen. Auf das Wesentliche reduziert lässt sich aber zunächst berichten, dass du in der ersten Reihe wahrscheinlich sehr gut sitzen wirst. Auch wenn du größer gewachsen bist. Die Sport-Komfortsitze sind angenehm geschnitten und straff gepolstert, das Lenkrad steht gut im Raum. Hinten wird es naturgemäß enger, wobei auch die Materialqualität in der zweiten Reihe spürbar nachlässt.
Doch will ich hier nicht über Kunststoffqualitäten lamentieren, es geht um das eingesetzte Betriebssystem und die Bedienbarkeit eines solchen Brot und Butter Autos. Beides ist mit Stand heute stark verbesserungswürdig. Bei fast jeder Testfahrt sind software- oder bedientechnische Unzulänglichkeiten aufgefallen. Ob es der ständige Ausfall des Travel Assist war, das teils überempfindliche Arbeiten des Front Assist oder ein Navigationssystem, das mitten in München den Faden verlor. Die Sprachbedienung funktioniert eher rudimentär und das gesamte MIB3-System wirkt von der Performance (besonders beim Kaltstart des Wagens) wie ein alternder Windows-Rechner. Wegweisend ist das gebotene Bedienkonzept auch dann nicht, wenn tagtägliche Funktionen, wie die Klimasteuerung, unnötigerweise in Bedienmenüs versteckt sind. Weshalb die Sensortasten für die Temperaturregelung unterhalb des Mitteldisplays unbeleuchtet sind, bleibt wohl ein Geheimnis von Volkswagen.
Immerhin können sich Fahrer (oder User?) im Golf damit trösten, über 30 verschiedene Farben in der optionalen Ambientebeleuchtung auszuwählen. Auch lassen sich verschiedene Apps nutzen und Apple CarPlay sowie Android Auto funktionieren kabellos. Ein USB-C-Kabel zum Anschließen des Smartphones hätte ohnehin kaum jemand parat. Hinter dem mit Bedienflächen überfrachteten Lenkrad sieht es übrigens nicht viel besser aus. Das digitale Kombiinstrument verfügt über zahlreiche Funktionen, die sich auf den ersten Blick aber nur mager bedienen lassen. Manch eine wählbare Cockpitansicht sorgt indes für mehr Verwirrung als Klarheit und sollte daher nur im Stand umgeschaltet werden. Unterm Strich gilt: Das gesamte Bedienkonzept des Golf 8 lenkt vom eigentlichen Fahrgeschehen um einen herum ab.
Der Golf bleibt sich auch in seiner achten Generation treu. Zumindest beim Fahrkapitel. Motor, Getriebe, Lenkung und Fahrwerk arbeiten in bester Einheit zusammen, die Geräuschdämmung ist positiv hervorzuheben. Der 1.0 eTSI Mild-Hybrid-Antrieb befriedigt dabei sogar anspruchsvolle Gemüter, ist erstaunlich elastisch und kann ziemlich sparsam gefahren werden. Als Auto hält der Golf damit die Konkurrenz weiter auf Abstand. Als Computer weniger. MIB3 (in seiner jetzigen Form) ist kein Fortschritt, sondern ein klarer Rückschritt im Vergleich zu vergangenen Systemen. Hat sich die schreibende Zunft früher über fehlende Lautstärkenregler aufgeregt, so sind die Probleme mittlerweile eklatant geworden. Die Bedienung tagtäglicher Funktionen leidet unter der Systemumstellung, nicht nur ältere Generationen werden damit ihre Probleme bekommen. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)