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Test: VW Golf R32 – Böser Golf

Schon bei der Übergabe des Testwagens in der Tiefgarage ist klar: Vor mir steht ein böser Golf. Sein roter Hintern sticht aus der Masse der Silberrücken heraus. Und dann diese fetten Endrohre, die er mir fast unverschämt entgegen streckt.

Der Fahrer von VW folgt meinem Blick, drückt mir mit einem Lächeln den Schlüssel in die Hand und wünscht „viel Spaß“. Oh ja, den werde ich haben.
Also rein in den R32, schließlich ist es bereits den zweiten Tag in Folge niederschlagsfrei und über dem milchigen Dunst die Sonne zu erahnen. Sonne. Das Ziel der heutigen Testfahrt, nach Monaten der trüben Dauerbedeckung, sind die Berge. Denn die sind frei von Hochnebel, und nur eine gute dreiviertel Stunde von München entfernt.

Ich dreh’ den Zündschlüssel und bellend erwacht der 3,2-Liter-Sechszylinder. Gleich noch ein Gasstoß hinterher. Die Tiefgarage dröhnt, die Geräuschkulisse erinnert an einen Triebwerkcheck im Hangar. Vielleicht dauert die Fahrt in die Berge auch nur eine halbe Stunde…

D und S wie Tag und Nacht

Eben noch das unten abgeflachte Sportlenkrad, die Spiegel und den passgenauen Sportsitz in Position gebracht, schon kann es losgehen. Für die ersten Meter wähle ich das D-Programm des DSG-Getriebes. Brav nimmt der Sechszylinder Gas an, säuselt sämig und niedertourig nimmt der Wagen Fahrt auf. Ganz normaler Golf soweit, zumindest bis die Ausfallstraße in die Autobahn mündet und ich den DSG-Wählhebel auf S schiebe. S wie Sportmodus, oder auch sauschnell.

Mit dem Tritt aufs Gaspedal zuckt die Drehzahlnadel, die mit ihrer blau leuchtenden Spitze nicht von ungefähr an eine mit Adrenalin gefüllte Spritze erinnert, nach oben. Plötzlich zerren 320 Newtonmeter an den vier angetriebenen Rädern, brüllt und trompetet der Sechser, bis bei 6.300 Touren auch das letzte der 250 Pferde unter der Haube galoppiert. Wahnsinn, wie dieser Golf abgeht. Gleich noch mal. Ich geh’ vom Gas, streichle das Bremspedal. Und dann das: Bevor die Drehzahl unter 3.000 Touren fällt, schaltet das DSG im Sportmodus vorsorglich einen Gang herunter - mit Zwischengas und herrlichem Gebrabbel und Gesprotze aus den Endtöpfen.

Der Zauber leerer Autobahnen

Die dreispurige A8 gehört mir an diesem frühen Dienstagmorgen fast ganz alleine, der Berufsverkehr wälzt sich in die andere Richtung. Also Stoff. Stoisch läuft der böse Golf geradeaus, die Tachonadel bewegt sich weiter. Und weiter. Erst bei Tacho 270 pendelt sie sich ein! In einem Golf!! Nominell sind es zwar „nur“ rund 248 km/h, aber das muss man ja dem Beifahrer nicht stecken. Der spürt von der hohen Geschwindigkeit ohnehin weniger als erwartet, denn der R32 zeigt nie auch nur einen Hauch von Nervosität.

Kilometerfressen kann er also der Sechszylinder-Golf. Zumal das Geräuschniveau selbst bei hohem Tempo reisetauglich niedrig bleibt - sowohl was den Fahrtwind, aber eben auch den Motor betrifft. Die Pauken und Trompeten intonieren nämlich nur unter Volllast.

Schon naht die Ausfahrt, dahinter warten die Kurven: Über acht Kilometer fein asphaltierte Serpentinen. Der Kassierer an der Mautstation zwinkert mir zu - als Autointeressierter erkennt er den R32 am verchromten Grill und an den blauen Brembo-Bremssättel. Er ist der zweite an diesem Morgen, der mir „viel Spaß“ wünscht.

Kurven-Wahnsinn

6,2 Sekunden später schieße ich mit Tempo 100 auf die erste Kurve zu, trete beherzt auf die Bremse und lenke ein. Wie auf einer unsichtbaren Schiene zieht sich der R32 ums Eck. Nächste Kehre, nun gebe ich in der Kurve Gas. Scharrt er Richtung Kurvenaußenrand? Wird das Heck leicht? Nichts dergleichen, dank Allradantrieb beißt sich der Golf im Asphalt fest und hält perfekt die Spur.

Zahlreiche weitere Links-Rechts-Kombinationen später hat das ESP-Lämpchen immer noch kein einziges Mal aufgeflackert. Selbst in den schattigen, noch feuchten Streckenabschnitten nimmt der R32 souverän und absolut neutral Kehre um Kehre. Erst in Geschwindigkeitsbereichen jenseits von gut und böse sieht sich das Fahrstabilitätsprogramm genötigt, sachte einzugreifen. Aus Angst um meinen Führerschein breche ich die Grenzerfahrung ab und mache mich zurück zur Redaktion. Da wartet bereits ungeduldig der nächste Fahrer, dem ich den Schlüssel in die Hand drücke und das obligatorische „Viel Spaß“ wünsche.

Fazit

Keine Frage, der R32 ist nicht nur der stärkste, sondern uneingeschränkt auch der beste Golf aller Zeiten. Voll alltagstauglich und handzahm auf der einen Seite, extrem schnell und böse auf der anderen, präsentiert er sich als perfekter Verwandlungskünstler. Angesichts der sehr hohen Motorleistung und seinem permanenten Allradantrieb geht sogar der Testverbrauch von zehn bis 15 Liter Super in Ordnung.

Der Preis für den R32 ist nicht ohne. Mit dem empfehlenswerten DSG kostet er 33.925 Euro, wobei Xenon-Scheinwerfer, 18-Zoll-Räder, Klimaautomatik, CD-Radio und die hervorragenden Sportsitze bereits mitgeliefert werden. Ohne DSG liegt der allradgetriebene R32 auf dem Preisniveau des BMW 130i (Heckantrieb; 265 PS).

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