Auch wenn man es im Konfigurator nicht direkt erkennt: Volkswagen arbeitet stetig daran, die eigene Modell- und Variantenvielfalt zu reduzieren. Touran und Sharan entfallen, den nächsten Passat wird es von Anfang an nur noch als Kombi geben und der hier gefahrene Alltrack ist mittlerweile die einzige Möglichkeit, den 8er Golf als Variant mit Allradantrieb zu bekommen – zumindest, wenn man einen Diesel möchte. Dafür darf sich der Schlechtwege-Kombi in zweiter Generation erneut den stärksten Selbstzünder mit 200 PS aus dem GTD entleihen (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 5,6 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 146 g/km)².
Hört sich grundlegend nach einer interessanten Mischung an? Wäre es auch, hätten sie in Wolfsburg den zwei Liter Turbodiesel nicht derart an die Kette gelegt. Besonders aus der Stopp-Start-Sequenz heraus fühlt sich der zum Test angetretene Alltrack an, als hätten ihn selbsternannte Klimarevolutionäre mit Sekundenkleber am Asphalt festgeklebt. Zäh kommt er aus den Puschen, um dann, ganz nach aktueller 3,0-TDI-Audi-Manier, viel zu überbordend seine 400 Newtonmeter Drehmoment in den Verkehrsraum zu werfen.
Eine Mitschuld trägt sicherlich auch die Abstimmung des Siebengang-DSG, das die Fahrstufen gerne in ermüdender Weise präsentiert. Dass es hier nicht an der Hard-, sondern an der Software hapert, zeigt die Verwendung des gleichen Getriebes in GTI und R. Mit zunehmender Geschwindigkeit jedoch reduzieren sich diese Effekte und es entsteht doch noch der Eindruck eines souveränen Diesel-Gleiters. Verwunderung allerdings beim Verbrauch: Trotz vieler gemächlicher Überlandpassagen und Zurückhaltung am Gaspedal sind in der Regel kaum weniger als 6,5 Liter auf 100 Kilometer möglich.
Allrad und gut 1.650 Kilogramm Leergewicht fordern hier ihren Tribut, wobei der 50 Liter Kraftstofftank immer noch große Reichweiten ohne Zwischentopp ermöglicht. 15 Millimeter höher als der reguläre Variant liegt der Alltrack, das optionale Adaptivfahrwerk DCC indes zahlt deutlich in die Langstreckentauglichkeit ein. Es ist über den Fahrdynamikmanager beinahe stufenlos in der Härte regelbar und bietet damit einen großen Spreizungsbereich zwischen Komfort und Sport.
Angenehm gewichtet präsentiert sich zudem die elektromechanische Lenkung, wenngleich ihr, typisch VW, große Gefühle fremd sind. Gleichermaßen VW-typisch präsentiert sich der Innenraum des getesteten Alltrack. Reihe eins bekommt zum Teil geschäumtes Plastik serviert, Einstieg sowie Sitze sind gut und auch die Ergonomie stimmt. Hinterbänkler fühlen sich hingegen wie in die einstige Holzklasse abgeschoben. Der Kunststoff ähnlich hart, die Gestaltung bisweilen lieblos und generell im Golf stört die weiterhin vorherrschende USB-C-Doktrin, die es ohne Adapter unmöglich macht, allerhand Mobilgeräte zu laden. Die induktive Ladeschale vorne ist übrigens auch keine Hilfe – sie verwehrte während des Testzeitraums gerade bei iPhones allzu oft ihren Dienst.
Gibt es an dieser Stelle noch etwas, was nicht über das Infotainment-System im Golf 8 geschrieben wurde? Wahrscheinlich nicht. Es bleibt im Großen und Ganzen die Achillesferse des Volkswagen-Urgesteins, lässt sich mäßig bedienen, versteht wenig und neigt zu unschönen Ausfällen. Da lässt sich nichts beschönigen und wer die Möglichkeit hat sein Smartphone zu spiegeln, sollte das auch tun. Volkswagen selbst gelobt indes Besserung – mit dem Facelift des Golf 8 2023 soll sich das Bedienkonzept spürbar ändern – inklusive der Rückkehr echter Knöpfe. Die Assistenzsysteme wiederum arbeiten überwiegend passabel. Hervorzuheben ist der durchaus taugliche Spurhalteassistent, der sich im Zweifel auch ganz einfach per Druckkombination am Lenkrad deaktivieren lässt.
Und was spricht das Ladeabteil des VW Golf 8 Alltrack? Hier einmal eine wahrlich positive Überraschung im Test. Die 611 Liter des Kofferraums taugen selbst für Familien mit Kleinkind (Isofix hinten und auf dem Beifahrersitz) und Hund, maximal stehen bei umgelegter Rücksitzbank bis zu 1.624 Liter zur Verfügung. Hier präsentiert sich der 8er Golf weiterhin als praktikabler Kombinationskraftwagen, der selbst vielen SUV einiges voraus hat. Die Anhängelast beträgt derweil maximal 2.000 Kilogramm, die Dachlast wird mit 75 Kilogramm angegeben.
Grob beplankt und immerhin 15 Millimeter höhergelegt als der Variant, maskiert sich der VW Golf Alltrack als Wald-und-Wiesenfahrzeug. Zwar gibt es Allrad und gar eine Bergabfahrhilfe, weit ins offene Gelände sollte man mit dem Wolfsburger unserer Empfehlung nach allerdings nicht fahren. Umso mehr punktet der Alltrack im Test durch seine komfortable Grundabstimmung, die bequemen Sitze und seinen geräumigen Kofferraum. Preislich hingegen kratzt der Kombi am oberen Ende der Golf-Fahnenstange und das Infotainment-System lässt heute schon auf ein baldiges Facelift im Jahr 2023 hoffen. Weiterhin setzt der Diesel-Golf auch im Testverbrauch keine positiven Akzente. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)
*Herstellerangaben