Volvo hat in letzter Zeit einiges richtig gemacht, meint man. Da waren pragmatische Entscheidungen: Erst nur noch Vierzylinder, dann möglichst viel Elektrifizierung und zu guter letzt maximal 180 km/h für alle. Das mag für einige abschreckend gewesen sein, vor allem aber war es: konsequent. Und das dürfte sich sehr bald auszahlen.
Hier steht nun Volvos erstes Elektroauto vor uns: Der Volvo XC40 Recharge (Stromverbrauch kombiniert: 25,0-23,8 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km²). Der basiert auf dem bereits seit einiger Zeit bekannten Verbrennermodell, fährt mit einer 78 kWh (brutto) großen Batterie im Fahrzeugboden und zwei Elektromotoren mit jeweils 150 kW (nach alter Währung: je 204 PS) und einem Preisschild von - mindestens - 59.250 Euro vor.
Das scheinen rosige Aussichten auf ein wahrhaftiges Premium-SUV zu sein. Volvo selbst preist den XC40 als „Stadtauto für das moderne urbane Leben und darüber hinaus“ an. Die Abmessungen von 4,42 Meter in der Länge und 1,86 Meter in der Breite passen schonmal dazu, die Übersicht gerade nach schräg hinten ist allerdings recht eingeschränkt. Ungünstig für das Aufladen an der städtischen Ladesäule ist die Ladeklappe platziert - von der Fahrerseite aus gesehen hinten links sind Säulen am Straßenrand meistens schlecht zu erreichen.
Das Platzangebot hingegen geht auf beiden Sitzreihen als fürstlich durch, der Kofferraum muss trotz der üppigen Batterie kaum an Volumen einbüßen und für das Ladekabel gibt es den 31 Liter fassenden „Frunk“ unter der Frontklappe. Gespannt waren wir auf das neue Infotainmentsystem, das voll auf eine Android-Oberfläche samt Google-Navigation setzt. Auch hier wird Volvo mit einer konsequenten Entscheidung Recht behalten, eine zügigere und bessere Navigation haben wir bislang in keinem Auto erlebt. Auch die Sprachbedienung funktionierte auf Anhieb reibungslos. Wer allerdings häufiger den Touchscreen nutzt, wird sich regelmäßig über die verschachtelte Menüstruktur und die klein dimensionierten Schaltflächen aufregen, die zum „Danebentippen“ führen.
Fahren hingegen wird gerade nicht zum Aufreger im Volvo XC40. Erfreulich bereits ist das sämtliche Fehlen unterschiedlicher Fahrmodi. Einzig einstellbar ist ein „sportliches Lenkgefühl“ und das „One Pedal Driving“. Letzteres ist wörtlich zu nehmen, denn die Verzögerung ist so extrem, dass man sich nur schwer daran gewöhnen mag. Das sportliche Lenkgefühl ist wahrhaftig nur ein Gefühl, die Lenkung wird damit von sehr leichtgängig zu ziemlich leichtgängig, bleibt allerdings stets gefühllos.
Doch für sportliche Höchstleistungen auf der Landstraße oder gar Rennstrecke ist der Volvo XC40 Recharge ohnehin nicht das richtige Gefährt. Selbst wenn der Antritt beim Durchtreten des Fahrpedals überaus spurtstark ist und bis zum erreichen der Höchstgeschwindigkeit von abgeregelten 180 km/h gefühlt nur wenige Augenblicke vergehen. Er bleibt ein gemütlicher Genosse, federt stets kommod und hält sich mit Fahrgeräuschen sehr im Hintergrund. Vermisst haben wir jedoch ein intelligenteres Abstandsradar, das nicht rechts überholt, sowie adaptive LED-Scheinwerfer, die in der Lage sind, den entgegenkommenden Verkehr aus dem Fernlichtkegel auszublenden.
Außerdem gewöhnungsbedürftig: Die fehlende Reichweitenanzeige, auf die Volvo bewusst verzichtet hat. Jedenfalls im Blickfeld des Fahrers. Bei Bedarf kann man „Google“ danach fragen und das Navigationssystem gibt den Passagieren automatisch Hinweise, wann und wie oft auf der berechneten Strecke geladen werden muss.
Und damit geht’s ans Eingemachte: Die Reichweite und das Laden. Mit einer vollen Batterie schienen uns mehr als 340 Kilometer als unrealistisch, je nach Fahrprofil dürften es auch deutlich weniger sein. Auf der Autobahn verbrauchte der XC40 Recharge mindestens 23 kWh pro 100 Kilometer, wer sich meistens auf Höhe der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h bewegt, dürfte eher auf 25 kWh und mehr kommen - abhängig von der Topografie.
Laden kann der XC40 Recharge an der DC-Säule mit maximal 150 kW, was abermals zeigt, dass er tatsächlich eher als Stadt- und Mittelstreckenauto denn für die Langstrecke konzipiert wurde. Zumal wir bei unserem Test trotz optimaler Bedingungen keine 100 kW, sondern maximal 95 kW Ladeleistung erreichten. 40 Minuten benötigt der XC40 Recharge derweil für eine Ladung von 10 bis 80 Prozent.
Der Volvo XC40 Recharge ist ein überzeugendes Stadt-SUV. Es verfügt über eine passable Reichweite und perfekte Platzverhältnisse für den Alltag einer kleinen Familie. Der Langstreckeneinsatz hingegen schreckt durch den hohen Verbrauch und die vergleichsweise niedrige Ladeleistung ab. Und dann wäre da noch ein teurer Haken: Der saftige Preis von mindestens 59.250 Euro. (Text und Bild: Maximilian Planker)