Zwar tauchten in Deutschland in den letzten Jahren wieder einige der lange vom Markt verschwundenen Zweiradmarken auf, deren Namen noch bis in die 1980er Jahre für die Vielfalt der heimischen Motorradindustrie gestanden hatten. Doch in der Regel dienten die alten Herstellerbezeichnungen nur als Aushängeschild für Produkte, die komplett oder wenigstens zu großen Teilen in Asien gefertigt wurden. Die Wiederbelebung der Traditionsmarken war eher als Marketingstrategie zu verstehen und führte nicht dazu, dass die Produktion von Kleinkrafträdern, Scootern oder 125 ccm Motorrädern im großen Maßstab wieder an deutsche Standorte zurückverlagert wurde. Anders verlief die Entwicklung in Frankreich, wo es durch die Kooperation zwischen örtlichen Herstellern und asiatischen Unternehmen in einigen Fällen gelang, die Zweiradfertigung im Land zu halten. Ein Beispiel dafür war die Firma MBK, die Mitte der 80er Jahre unter der Regie des japanischen Motorradherstellers Yamaha als Nachfolger des Traditionsunternehmens Motobécane weitergeführt wurde.
Als einer der ältesten französischen Hersteller motorisierter Zweiräder nahm Motobécane im Jahr 1924 mit seinem in der Konstruktion noch stark an ein Fahrrad erinnernden Modell MB1 die Serienproduktion auf. Kennzeichen der Motobécane aus der Anfangszeit waren Zweizylindermotoren mit 175 ccm Hubraum, denen in den Jahren darauf Motorräder mit 250 ccm und 300 ccm an die Seite gestellt wurden. Insbesondere seine schwereren Maschinen brachte das Unternehmen auch unter der Zweitmarke Motoconfort in den Handel. Die Kernmarke Motobécane stand seit dem Ausgang der 1920er Jahre hingegen für die kleineren Konstruktionen, die als Fahrräder mit Hilfsmotor galten und in den Hubraumklassen von 50 ccm bis 125 ccm gefertigt wurden. Daraus entwickelten sich die Kleinkrafträder und späteren Mofas der 50er Klasse, die die Franzosen ab dem Jahr 1949 unter ihrer Marke Mobylette in den Handel brachten. Die Mofas bestimmten in den folgenden Jahren das Image von Motobécane, denn sie gehörten bis zur Einstellung ihrer Produktion im Jahr 1984 zu den bekanntesten Zweirädern des Herstellers. Darüber hinaus war Motobécane ab Ende der 60er Jahre auch mit 125 ccm Motorrädern der Baureihe LT sowie mit 350er Maschinen auf den Märkten präsent.
Dennoch blieb der Name Motobécane vor allem mit den Mobylette verbunden. Denn sie entwickelten sich zum französischen Kulturgut, da sie über 30 Jahre lang das Programm des Herstellers dominierten und in den ländlichen wie städtischen Regionen Frankreich bis in die 60er Jahre das Straßenbild prägten. In der Boomzeit der Mofas in den 70er Jahren wurden die Mobylette dann zum Einsteigermodell für Jugendliche und eroberten sich in der Folge auch im europäischen Ausland eine starke Stellung. Mit dem Zukauf des Konkurrenten Solex im Jahr 1974 baute Motobécane seine Position aus und brachte an der Seite seiner Mobylette die VéloSoleX genannten Mofas auf den Markt. Technische Besonderheit der noch bis 1988 weitergebauten Solex-Modelle: Sie hatten einen unterhalb des Lenkgestänges montierten Motor, der den Antrieb auf das Vorderrad brachte. Dieses Merkmal unterschied die VéloSoleX von der herkömmlich konstruierten Mobylette und trug maßgeblich dazu bei, dass gebrauchte Solex-Mofas von Motobécane später Kultstatus genossen. Vom Trend zu Retromodellen profitierten jedoch auch die Mobylette, die die Franzosen zwischen 1949 und 1984 in zahlreichen Baureihen auf den Markt brachten.
Zu den am längsten gebauten Mobylette-Generationen gehörten die Motobécane der Modellfamilie AV3, die im Zeitraum zwischen 1949 und 1965 in Frankreich vom Band liefen. Bei Fans historischer Zweiräder galten insbesondere die noch stark an Fahrradkonstruktionen erinnernden Premierenversionen sowie die im Jahr 1953 vorgestellten Motobécane AV32 und AV33 als authentische Vertreter der frühen Mobylette. Mit den Modellen der Baureihe AV37 führte der Konstrukteur in den 50er Jahren die ersten Kleinkrafträder mit dem Mobymatic genannten stufenlosen Getriebe ein, die in den 60er Jahren durch die AV48 und AV44 abgelöst wurden. Weitere bekannte historische Baureihen der Anfangszeit waren die Motobécane AV75 bis AV79 sowie die AV87/88, die im Jahr 1957 im typischen Stil von 50er Jahre Mopeds präsentiert wurde. Einige Zweiräder der AV-Modellfamilie brachte der Hersteller auch unter seiner Zweitmarke Motoconfort in den Handel, wobei zugleich die Modellbezeichnungen etwa in AU6X geändert wurden.
Während gebrauchte Motobécane aus der Produktionszeit der 50er und 60er Jahre als Klassiker ohne hohe Leistungsansprüche galten, schärfte der Hersteller mit den Modellen der M-Baureihe in den 70er Jahren im Hinblick auf die junge Zielgruppe das sportliche Profil der Marke. Beispiele dafür waren die Motobécane M51 oder die weniger aufwendig ausgestattete M41, deren Zweitaktmotoren Leistungen von über drei PS abrufen konnten und für eine Spitzengeschwindigkeit von über 50 Stundenkilometern ausgelegt waren. Für Exportländer wie Deutschland wurden die Motoren der Motobécane gedrosselt, um die dort geltenden Vorschriften für Mofas mit einer auf 25 km/h begrenzten Höchstgeschwindigkeit erfüllen zu können. Doch entsprechend großen Spielraum boten die Motobécane der M-Familie, wenn es darum ging, die Motorleistung mit Tuningmaßnahmen zu steigern. In der Szene galten die Motobécane der 70er und 80er Jahre daher als potentielle Sportmofas. Und dieses Image nutzte der neuen Markeneigner Yamaha, um die Kleinkrafträder aus französischer Fertigung unter dem neuen Namen MBK auf den Märkten neu zu positionieren.
Club, Salsa, Rock, Magnum Racing oder Passion, mit diesen Verkaufsnamen gestaltete der Hersteller den Übergang von Motobécane zu MBK. Das Mofa-Programm wurde stärker auf die Zielgruppe der Jugendlichen zugeschnitten und im Rahmen der Baureihe M51 kamen nun auch am Stil schwerer Motorräder orientierte Varianten wie die MBK Cruiser oder Chopper sowie Trail und Crossversionen der Sport-Mobylette auf den Markt. In den aktuelleren Baujahren konzentrierte sich MBK hingegen auf den Bau von Motorrollern, die als Sportscooter in den Hubraumklassen von 50 ccm und 125 ccm vom Band liefen und sich die Technik mit Yamaha-Modellen teilten. Bekannte Motobécane Roller waren die Modelle Booster oder Nitro sowie die Mach G und die Viertaktroller der Baureihe Ovetto. Die 125er Scooter kamen als Flipper oder MBK Tryptik in den Handel. Ergänzt wurde das Programm von Motobécane in der neueren Zeit durch Maxiscooter wie die Evolis 250 und 400.