Es waren insbesondere italienische Fahrzeughersteller, die Ende der 1940er Jahre zunächst in Italien und dann in Europa sowie anderen Weltmärkten mit ihren Motorrollern den Markt für motorisierte Zweiräder der 50er und 125er Klasse dominierten. Zugleich begannen Hersteller wie Lambretta und Vespa damit, die Popularität ihrer Produkte durch neu ins Leben gerufene Sportveranstaltungen zu steigern. In Italien gehörten Rollerrennen spätestens seit den Fünfzigerjahren zum festen Programm der Rennsaison. Das war vor allem für Amateure Gelegenheit, ihre oft selbst umgebauten Roller gegeneinander antreten zu lassen. Das nötige technische Equipment dafür lieferten Ausrüster für Motorradtuning wie das lombardische Unternehmen Polini Motori, das sich in den ausgehenden 40er Jahren am Markt etablierte.
Die Spezialität von Polini waren über viele Jahrzehnte selbst entwickelte Tuningteile für Modelle unterschiedlicher Fabrikate. Zum Programm des italienischen Herstellers gehörten etwa Vergaser und komplette Auspuffanlagen oder Schalldämpfer und Zylinder für die im Rollerbau eingesetzten Zweitakt- und Viertaktmotoren. Bei vielen ambitionierten Rennfahrern galten Tuningkits von Polini bald als unverzichtbar, um die Leistung ihrer Scooter zu steigern und auf diese Weise auf den Parcours mithalten zu können. Dieses Image nutzte Polini später, um nun auch eigene Motorräder zu konstruieren. Besonderheit von Polini: Die Italiener konzentrierten sich hauptsächlich auf kleine Bikes für den Einsatz bei sportlichen Wettbewerben auf Rennstrecken und im Gelände. Aber auch ein Pocket Bike für die Nutzung im Straßenverkehr gehörte ab den 1990er Jahren zum Polini-Programm.
Dass die Tradition der Rollerrennen in Italien nach der Krise der heimischen Zweiradindustrie überleben konnte, war nicht zuletzt dem Engagement von Polini zu verdanken. Der Hintergrund: Das Unternehmen etablierte den Polini Italian Cup als feste Größe im italienischen Renngeschehen. In den unterschiedlichen Wettbewerben traten neben Profifahrern wie in früheren Zeiten weiterhin auch Amateure an. Das Programm umfasste dabei Rennen von Scootern mit auf 70 ccm und 100 ccm angehobenem Hubraum sowie einen speziellen Wettbewerb für die Vespa 135. Des Weiteren traten die Fahrer in den Klassen der SuperSport und der MiniMotard gegeneinander an. Für seine in der Serienausstattung für die Straße zugelassenen Pocket Bikes der Baureihe PXP organisierte Polini ebenfalls eine eigene Veranstaltungsreihe.
Vollverkleidung, Leichtmetallrahmen, groß dimensionierte Bremsanlage, in ihrer Optik und vielen technischen Details glichen die Mini Bikes der Baureihe Polini Carena den schweren Rennmaschinen. Doch als Motorrad in der Klasse der Mini Bikes begnügte sich die Carena des italienischen Produzenten mit 40 ccm Hubraum und einem bescheidenen Leergewicht von knapp unter 20 Kilogramm. Und auch die Abmessungen machten deutlich, dass dieses Modell für den Rennfahrernachwuchs konzipiert worden war: Ein Polini Carena Mini Bike war kaum 95 cm lang und bot seinem Fahrer einen besonders niedrig angelegten Sitzplatz. Je nach Ausstattung betrug der Abstand des Sattels vom Boden entweder 40 cm oder 38,5 cm.
In der Spitzenversion brachte Polini sein Mini Bike der Baureihe unter der Bezeichnung 910 Carena S wahlweise mit wassergekühltem oder luftgekühltem Zweitaktmotor auf den Markt. In dieser Ausstattung stand dem Mini Bike eine maximale Leistung von bis zu 4,47 kW (6,08 PS) zur Verfügung. Darüber hinaus nahmen die Italiener eine etwas leistungsschwächere Version der 910 Carena S in ihr Programm auf, die ausschließlich mit luftgekühlten Motoren mit einer Abgabe von höchstens 2,98 kW (4,06 PS) vom Band lief. Spitzenmodell bei den Mini Bikes war die Polini 911 mit einem auf knapp über einen Meter gestreckten Radstand, die ebenfalls mit einem luftgekühlten oder wassergekühlten Zweitakter zu haben war.
Ergänzt wurde das Programm durch die 911 GP4 Junior, die als Mini Bike für die Teilnahme an GP-Wettbewerben entwickelt worden war. Von den Modellen der Bauserie Carena unterschieden sich die 911 GP4 Junior etwa durch reduzierte Anbauteile, einen anderen Vergaser der Polini Serie PHBG 15 sowie durch einen herkömmlichen Stahlrohrrahmen anstelle des Alurahmens. Bedingt durch die Konstruktion der GP-Versionen war zudem mit einem Wert von 43,5 cm der Fahrerplatz höhe angeordnet als bei den Mini Bikes Carena.
Zweiter Schwerpunkt im Programm von Polini neben den Streckenmaschinen waren die als Minicross antretenden Motorräder der X-Baureihe. Die Geländemotorräder kamen wie die Rennausführungen der Serie Carena mit zwei unterschiedlichen Motorausstattungen auf den Markt. So boten die Italiener die Polini X1P und X3P mit luftgekühlten Zweitaktern an, während die Mini Bikes mit den Bezeichnungen X1R und X3R mit wassergekühlten Aggegraten gefertigt wurden. Je nach Ausführung hatten die 50 ccm Mini Crossbikes einen
Radstand von gut 90 cm bis rund 1,05 Meter bei der Polini X5P. Gemeinsam war den Modellen, dass sie für den Einsatz im Gelände hinten mit einstellbaren Stoßdämpfern ausgestattet und mit einem Rahmen aus Stahl konstruiert waren. Der gewährleistete die notwendige Steifigkeit für die Beanspruchung des Mini Bikes als Geländemotorrad. Als Spitzenmodell mit 1,15 Meter Radstand und rund 60 Kilogramm Leergewicht trat die Polini XP 4T in der Klasse der 125er Maschinen an. Besonderheit bei dieser Minicross-Version: Sie gehörte zu den wenigen Motorrädern des Herstellers, für die Polini einen Viertaktmotor einsetzte.
Auch in der Wettbewerbsklasse der Motards waren die Italiener mit eigenen Modellen im Kleinformat präsent. So zeigte Polini zwei unterschiedliche Mini Motard in der 70 ccm Hubraumklasse, die wahlweise mit luftgekühltem Zweitaktmotor oder in der Racingvariante mit einem wassergekühlten Motor vom Band liefen. In der Klasse der 125er Bikes trat die Polini XP 4T Mini Motard an.
Hydraulische Bremsanlage, Schutzbleche, Beleuchtung und bei den neueren Modellen sogar eine Einordnung in die Abgasnorm Euro 3, mit dieser Ausstattung konnte die Polini XP4 Street in vielen Ländern Europas auch im öffentlichen Straßenverkehr bewegt werden. In den 1990er Jahren brachte Polini sein Pocket Bike in der Klasse der 50er Motorräder in den Handel. In den aktuelleren Baujahren blieb dann auf vielen Märkten nur noch das Spitzenmodell mit 125 ccm Viertaktmotor im Programm.