Rallye Motorräder sind eine ganz besondere Spezies unter den Motorradkategorien. Die Rallye-Maschinen sind weder Moto Crosser noch Enduros noch Straßenmaschinen. Sie tragen zwar Elemente dieser drei Kategorien in sich, diese sind jedoch auf ganz eigene Art gemischt und gewichtet. Bei Rallye Motorrädern ist der Einsatzzweck klar definiert: lange Strecken auf vollkommen unterschiedlichem Untergrund (der meist sehr schlecht ist) möglichst schnell zurücklegen. Die charismatische Rallye Paris - Dakar, die wohl auf der ursprünglichen Route nicht mehr stattfinden wird, ist so ein typisches Einsatzgebiet für Rallye Motorräder. Geröllpisten, Wüstensand, Straßenabschnitte, mittelschweres Gelände, Bergetappen, Schlamm, Flugsand, all das muss ein Rallye Motorrad wegstecken können. Nordafrika, Südamerika, Zentralasien - das sind die bevorzugten Tummelplätze der Rallyemotorräder. Eine Rallye vom Ural bis Wladiwostok, von den Anden durch die Atacama-Wüste, durch die Sahara und das angrenzende algerische Hochgebirge, das sind extreme Anforderungen an Mann/Frau und Maschine. Ein faszinierender Sport, der durch Atem beraubende Landschaften führt.
Außerdem ist eine Teilnahme an einer renommierten Rallye eine Imageförderung für die Hersteller. Allen voran KTM und BMW. Die Österreicher ziehen genauso wie die Bayern ihre Imageförderung in Sachen Rallyesport konsequent durch. Ziel ist natürlich, im Schlepp der Rallye Motorräder die Serienmaschinen besser zu verkaufen. Dabei waren weder KTM noch BMW Vorreiter in Sachen “Rallye Motorräder fürs Volk”. Pionier der serienmäßigen Rallye Motorräder war Honda mit der legendären Africa Twin. Der Zweizylinder mit heute harmlos anmutenden 60 PS war für die ganz große Reise gut gerüstet: großer Tank, lange Federwege und unerschütterliche Zuverlässigkeit. Der offenbar unzerstörbare, in seiner Grundkonstuktion 30 Jahre alte V-Motor lebt heute noch in einigen Honda-Modellen weiter. KTM und BMW geben sich heutzutage natürlich mit 60 PS in Rallye Maschinen nicht ab. BMW liefert mit der 110 PS starken BMW R 1200 GS Adventure eine überzeugende Vorstellung ab. Die Adventure (hier ist der Name Programm!) bringt alles für die große Abenteuerreise mit. Pflegeleichter, leider etwas schwerer Kardanantrieb, riesiger 33-Liter-Tank, lange Federwege und drehmomentstarker Boxermotor. Die Sitzhöhe der verstellbaren Sitzbank ist auch in der niedrigsten Stellung enorm: 89 Zentimeter wollen erst einmal erklommen sein. Ampelstopps bei geneigter Fahrbahn sind folglich kein Vergnügen. Mindestens 14.550 Euro will BMW für die Adventure sehen. Bei Vollausstattung inklusive ABS werden allerdings schnell 18.000 Euro daraus. KTM macht das Rallyeabenteuer auch nicht wirklich günstiger. Die Fernreise-KTM nennt sich ebenfalls Adventure (vielleicht, damit keine Missverständnisse auftauchen!) und macht mit ihrem Einliter-V 2 deftige 106 PS locker. Wo sich die BMW mehr dem Komfort verschrieben hat, da marschiert die KTM eindeutig in Richtung Sport. Mit 227 Kilogramm ist die Österreicherin ganze 30 Kilogramm leichter als die BMW, treibt das Hinterrad allerdings auch per pflegeintensiver Kette an. Vorn wie hinten bietet die leicht aggressiv gestylte KTM gigantische 265 Millimeter Federweg - und ist damit komfortabler als sie aussieht. Natürlich kann man KTM und BMW auch gebraucht kaufen. Die Gebrauchtpreise sind allerdings bei beiden Modellen unverschämt. Da ist in den meisten Fällen der Neukauf inklusive Garantie sinnvoller. Wem es allerdings nur um das Rallye-Feeling geht, dem sei die gute alte Honda Africa Twin (ab 1.800 Euro) empfohlen.