Grünwald, 27. Januar 2025. Verkehrspolitische Themen spielen bei der kommenden Bundestagswahl eine größere Rolle als jemals zuvor. Wo die rund 49 Millionen Autohalter Deutschlands am 23. Februar ihr Kreuzchen setzen, könnte daher einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Wahlausgang haben. Doch welche Partei überzeugt die Autofahrer? AutoScout24 wollte es genau wissen und hat die verkehrspolitische Pläne der Parteien bereits vorab zur Wahl gestellt. Ergebnis der repräsentativen Umfrage unter Deutschlands Autohaltern: Zwei Drittel unterstützen die Forderung von CDU/CSU, FDP, AfD und Freie Wählern, Antriebsarten „technologieoffen“ zu fördern. Fast ebenso hoch ist die Zustimmung zur Abschaffung des „Verbrennerverbots“, die sich Union, FDP, AfD und BSW zum Ziel gesetzt haben. SPD, Grüne und Linke punkten hingegen als Befürworter eines generellen Tempolimits auf Autobahnen – jeder zweite Autofahrer spricht sich dafür aus. Für die repräsentative Umfrage hat Innofact im Auftrag von AutoScout24 vom 14. bis 16. Januar dieses Jahres 1.002 Autohalter zu insgesamt 24 parteipolitischen Vorhaben befragt.
Verbrenner-Aus
Die verkehrspolitischen Konzepte der Parteien reichen bei mindestens zwei Themen über Deutschlands Grenzen hinaus. So wollen CDU/CSU, FDP aber auch AfD und das BSW in Brüssel dafür sorgen, dass das ab 2035 geltende „Verbrennerverbot“ aufgehoben wird. Andere Parteien wie Grüne, Linke, aber auch die SPD sehen die Zukunft des Autos in der Elektromobilität und wollen daher am Verbrennerverbot festhalten. Punkte bei den Autofahrern machen Union, FDP, AfD und BSW. So sind 62 Prozent der Befragten für die Abschaffung des Verbrenner-Aus, nur jeder Vierte (25 Prozent) plädiert für eine Beibehaltung.
CO2-Flottengrenzwerte
Einen größeren Konsens scheint es beim Thema CO2-Flottengrenzwerte zu geben – zumindest auf Ebene der Parteien: Sowohl CDU/CSU als auch SPD, FDP und AfD haben es sich zum Ziel gesetzt, Strafzahlungen deutscher Automobilhersteller bei Verstößen gegen die CO2-Grenzwerte in Brüssel zu verhindern. Die Zustimmung zu dem Projekt ist bei den Autofahrern mit 52 Prozent nicht so hoch wie bei der Abschaffung des Verbrennerverbots, aber das dürfte nicht zuletzt an der Komplexität des Themas liegen. Zudem gibt es auch ausgewiesene Befürworter der Regelung: 24 Prozent der hiesigen Autohalter sehen in den Strafzahlungen das richtige Instrument, um die Energiewende voranzutreiben. Das sind gute Nachrichten für die Grünen, die das genauso sehen.
Technologieoffenheit bei Antriebsforschung
Zahlreiche Positionen in den Wahlprogrammen der Parteien beschäftigen sich mit Fördermaßnahmen für E-Autos bzw. alternativen Antriebsarten. Den größten Zuspruch erhält in diesem Zusammenhang der Vorschlag von CDU/CSU, AfD, FDP und den Freien Wählern, Antriebstechnologien technologieoffen zu fördern. Es soll also nicht nur die Entwicklung von Elektrofahrzeugen unterstützt werden, sondern auch diejenige von Antrieben auf der Basis von E-Fuels, Wasserstoff oder Biokraftstoffen. Der Ansatz kommt bei den Autohaltern gut an: Zwei Drittel (67 Prozent) stimmen der Strategie zu, 18 Prozent lehnen sie ab.
Kaufprämie für E-Autos
Trotz aller Technologieoffenheit erhalten aber auch Ideen hohe Zustimmungswerte, die gezielt die Elektromobilität betreffen. So spricht sich eine bunte Parteienkoalition für Kauf- und/oder Leasinganreize zugunsten von E-Autos aus. Hierzu gehört neben SPD, Grünen und (mit Abstrichen) dem BSW, neuerdings auch die CSU. So hat CSU-Chef Markus Söder zum Jahreswechsel einen „Auto-Plan“ vorgelegt, der zahlreiche Maßnahmen enthält, mit denen die E-Mobilität hierzulande vorangebracht werden soll. Darunter auch eine Kaufprämie für E-Autos in einer Höhe von 3.600 Euro. Wie die AutoScout24-Umfrage zeigt, keine unpopuläre Maßnahme: 55 Prozent der Befragten befürworten Kauf- bzw. Leasinganreize für E-Autos, 31 Prozent optieren dagegen.
Volksleasing
Sarah Wagenknecht hat nicht mit Kritik an Söders „Auto-Plan“ gespart. Zwar sieht auch das BSW-Programm gewisse Incentives für E-Autos vor, doch nicht als eine Art Fortsetzung des Ende 2023 ausgelaufenen Umweltbonus. Stattdessen schwebt Wagenknecht ein „Volksleasing“ für E-Autos, aber auch für verbrauchsarme Verbrenner vor. Der Einstiegspreis für diese Fahrzeuge soll bei einer monatlichen Rate von weniger als 60 Euro liegen. Ein guter Deal, sagen 46 Prozent der deutschen Autohalter und unterstützen BSW-Vorschlag. Unumstritten ist er aber nicht: 29 Prozent der Autohalter sprechen sich gegen das Volksleasing aus.
Dienstwagen, E-Auto-Zwangskauf
Höhere Zustimmung als das Volksleasing findet die deutlich weniger spektakuläre Idee der SPD, die Attraktivität von E-Autos als Dienstwagen voranzubringen. Jeder Zweite (52 Prozent) unterstützt den Vorschlag, einer von drei Befragten (32 Prozent) kann dem Ansatz nichts abgewinnen. Noch weniger verfängt bei den Bürgern ein Programmpunkt der Linken, nachdem die öffentliche Hand auf den Kauf von E-Autos verpflichtet werden soll. N__ur 31 Prozent stimmen den behördlichen Zwangskäufen zu__, 54 Prozent lehnen sie ab.
„Made in Germany“-Prämie
Einige Parteien knüpfen die Zusage von Prämien (CSU) oder Steuervergünstigungen (SPD) für den Kauf von E-Autos an eine entscheidende Bedingung: Sie sollen nur für Fahrzeuge gewährt werden, die in Deutschland oder Europa gebaut worden sind. Damit soll nicht nur die E-Mobilität, sondern auch der Automobilstandort gefördert werden. Die Idee findet zwar keine absolute Mehrheit bei den Autohaltern, ist mit einer Zustimmungsrate von 47 Prozent aber nicht weit davon entfernt. Auf der anderen Seite votieren 35 Prozent gegen die industriepolitischen Pläne der genannten Parteien.
Ladeinfrastruktur, Ladesäulenpflicht, Ladekartenzuschüsse
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos gehört zur Agenda von drei Parteien: CDU/CSU, SPD und Grüne haben entsprechende Ziele formuliert. Wie die Umfrage zeigt, versammeln sie damit eine breite Mehrheit hinter sich: Zwei Drittel (66 Prozent) der Autohalter plädieren für mehr Ladesäulen in Deutschland. Wie das Ziel erreicht werden soll, darüber besteht offenbar weniger Einigkeit. So sprechen sich zwar nur 21 Prozent der Autohalter explizit gegen den Ausbau der Ladeinfrastruktur aus. 30 Prozent fordern aber gemeinsam mit der AfD, dass hierzu keine weiteren öffentlichen Mittel verwendet werden sollen. Doch ohne staatliche Investitionen könnte es schwierig werden, das hiesige Ladenetz engmaschiger zu knüpfen.
Liegt die Lösung vielleicht in einem Gesetz, das Tankstellenbetreiber dazu verpflichtet, Ladesäulen zu errichten, wie es die SPD fordert? Immerhin 51 Prozent der Autofahrer sehen in diesem Ansatz den richtigen Weg, auf der anderen Seite lehnen 34 Prozent ein solches Vorgehen ab. Zudem ist die Idee nicht wirklich neu: Das Bundeskabinett der Ampelparteien hatte bereits Mitte 2024 beschlossen, dass große Tankstellenketten ab 2028 zum Bau von Schnellladesäulen verpflichtet werden sollen. Ob das entsprechende Gesetz nach dem Scheitern der Koalition noch verabschiedet werden kann, erscheint aber mehr als fraglich.
Mit einer anderen Idee treten die Grünen an: Sie wollen Ladekarten für E-Autos mit bis zu 1.000 Euro Ladestromguthaben bezuschussen. Die Autohalter reagieren allerdings eher zurückhaltend auf die Pläne: Nur gut jeder Dritte (36 Prozent) ist dafür, 41 Prozent sprechen sich gegen den staatlichen Zuschuss auf die Ladekarte aus.
Tempolimit, Tempo-30-Zonen
Es ist der Dauerbrenner unter den verkehrspolitischen Zankäpfeln: Das generelle Tempolimit auf Autobahnen. Bekanntlich gibt es dafür seit langem eine Mehrheit in der deutschen Bevölkerung. Die AutoScout24-Umfrage zeigt jetzt: Auch die Autohalter selbst wollen ein Ende der Raserei: Eine absolute Mehrheit von 53 Prozent spricht sich für ein Tempolimit aus, eine Minderheit von 40 Prozent ist dagegen. Auf Seiten der Parteien befürworten SPD, Grüne und Linke ein Tempolimit, wohingegen CDU/CSU, FDP und AfD weiterhin keine Einschränkungen bei der zulässigen Geschwindigkeit auf Autobahnen anstreben.
Während über ein Tempolimit auf der Autobahn noch verhandelt wird, sind Geschwindigkeitsbegrenzungen andernorts schon lange der Normalfall. Doch aus Sicht der AfD sind mit ebendieser Normalität oftmals zu viele Einschränkungen für Autofahrer verbunden. Man stört sich vor allem an unnötigen Tempo-30-Zonen auf Hauptstraßen in geschlossenen Ortschaften. Programm der AfD ist es daher, die verkehrsberuhigten Zonen an Hauptstraßen verstärkt zurückzubauen. Der Vorschlag führt zu einem Meinungspatt bei Deutschlands Autofahrern: 45 Prozent sind für den Rückbau, 43 Prozent sprechen sich dagegen aus.
Mehr Parkraum, Ausbau von Radwegen
Während in einigen Bereichen zurückgebaut werden soll (Tempo-30-Zonen), fordert die AfD in anderen einen Ausbau – und zwar beim „innerstädtischen Parkraum“, wie es die Partei formuliert. Dass der Parkplatzausbau auf Resonanz bei den Autofahrern stößt, ist nur wenig überraschend. Schließlich wissen die meisten ja, was es heißt, am Ende eines stressigen Arbeitstags die letzte freie Parklücke in der bereits erweiterten Nachbarschaft zu finden. Entsprechend zeigen sich 60 Prozent der Befragten aufgeschlossen, wenn es um die Bereitstellung neuer Parkmöglichkeiten geht, nur 29 Prozent lehnen das Vorhaben ab.
Dass weniger auch mehr sein kann, zeigt ein Vorschlag der Grünen. Sie möchten den Autoverkehr zugunsten von umweltfreundlichen Alternativen reduzieren. Robert Habeck und Kollegen denken hierbei in erster Linie an den Ausbau von Bus, Bahn und Radwegen. Ein Vorhaben, das nicht gerade auf die Kerninteressen der deutschen Autofans einzahlen sollte – dürfte ein solcher Ausbau doch auf Kosten der bisher für den Autoverkehr reservierten Straßen gehen. Und doch: 53 Prozent der Befragten unterstützen den grünen Plan, nur 34 Prozent lehnen das Vorhaben ab.
Bezahlbarer Führerschein, Fahren ab 16
Trotz aller Zwistigkeiten gibt es doch ein Thema, auf das sich fast alle einigen können: Dass der Führerschein für junge Leute weiterhin bezahlbar bleiben muss. Ein Projekt, das sich CDU/CSU, SPD und FDP gemeinsam auf die Fahnen schreiben und für das sich auch 90 Prozent der Befragten aussprechen. Das Interesse jüngerer Fahrer ist den Befragten aber kein grundsätzliches Herzensanliegen. Deutlich wird das bei dem FDP-Vorschlag, begleitetes Fahren bereits ab 16 Jahren zu ermöglichen: Nur 30 Prozent der Autohalter unterstützen die Idee, 62 Prozent sprechen sich explizit dagegen aus.
Fahrtauglichkeitsprüfungen für Senioren
Auch auf der anderen Seite des Altersspektrums kann die liberale Agenda nicht recht verfangen. So soll es nach den Vorstellungen der FDP keine verpflichtenden Fahrtauglichkeitsprüfungen für Senioren geben. Dabei gingen vergangenes Jahr zahlreiche schwere Unfälle durch die Medien, die durch ältere Autofahrer verursacht worden waren. Offenbar sind den Wählern diese Unfälle noch sehr präsent, denn nur jeder Dritte (34 Prozent) stimmt dem Vorhaben der FDP zu. 54 Prozent lehnen die FDP-Forderung hingegen explizit ab, was nichts anderes heißt, als dass es in Deutschland eine Mehrheit für entsprechende Prüfungen gibt.
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